El Mercenario 1: Der Söldner (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 28. Juni 2012 10:44
El Mercenario 1
Der Söldner
(El Mercenario: El Pueblo del Fuego Sagrado)
Text & Zeichnungen: Vicente Segrelles
Übersetzung: Oriol Schreibweis
Splitter, 2012, Hardcover, 64 Seiten, 16,80 EUR, ISBN 978-3-86869-464-2
Von Frank Drehmel
Nach „Storm“, „Thorgal“ und „Comanche“ hat Splitter mit Vicente Segrelles’ „El Mercenario“ einer weiteren klassischen Serie des europäischen Comic die Neuauflage – sogar im Rahmen einer Collectors Edition – spendiert. Nachdem die Serie in einer wahren Veröffentlichungsodyssee von einem Verlag zum nächsten gereicht wurde, darf sich der Leser nun auf die ersten dreizehn Bände sowie als Welterstveröffentlichung den vierzehnten Band in einheitlicher und – vor allem – exzellenter Gestaltung freuen.
Stell dir vor, du hängst nackt und gefesselt in luftiger, sehr luftiger Höhe und wartest auf einen Drachen, der dich als Zwischenmalzeit verspeisen wird. Wünschtest du dir nicht, dass dein Papa, dein Liebhaber oder einfach nur ein guter Menschen von nebenan jemanden vorbeischickt, der dich aus deiner Bredouille befreit? Eben! Ein – wenn nicht der – Kerl für solche speziellen Jobs hoch über den Wolken ist El Mercenario, der Söldner, ein Bildnis von einem ehrenvollen Mann, der besondere weitergehende Dienste mit, an und in geretteten Maiden nur dann leistet, wenn sie expliziter Bestandteil seines Auftrages sind. Nicht jede splitternackte Gerettete kann mit dieser Berufsauffassung und der daraus resultierenden Zurückweisung körperlicher Dienstleistungen wirklich umgehen, sodass – wie im vorliegenden Fall – die Rettung einer Maid El Mercenario weniger Gold, als vielmehr eine Verleumdung beim Auftraggeber und eine veritable Flucht vor dessen Rache einbringen.
Kurz und gut: Der Held aus den hohen Lüften schlägt, nachdem frau ihn perfide der Unzucht bezichtigte, im wahrsten Sinne des Wortes in einer Welt tief unter den Wolken auf, deren Existenz er nicht einmal erahnte. In einer Stadt der Bodenbewohner erfährt er, dass irgendwelche Typen von „oben“ die Tochter ihres Bürgermeisters als Geisel halten; man sieht sie am Horizont in einem Käfig sitzen, welchselbiger an einem dicken Seil hängt, das seinerseits aus einem Loch in der Wolkendecke baumelt –, um so beachtenswerte Mengen an Alkohol zu erpressen. Ein solches Rätsel – und dann noch in Verbindung mit einer barbusigen Schönheit – lässt keinen Mercenario kalt. Und so schwebt er zur Rettung der jungen Frau gen Himmel, um sich kurz darauf in einer bizarren schwebenden Stadt, bewohnt von bildhübschen Frauen die unter ihren wallenden braunen Kutten gerade mal ein kleines Höschen tragen, als Gefangener wiederzufinden.
Dass sich Vicente Segrelles’ „El Mercenario“ wegen des Storytellings einen Stammplatz in der Ruhmeshalle des europäischen Comics gleich neben dem Eingang, leicht rechts von Don Lawrences „Storm“, gesichert hat, darf man nach der Lektüre dieses Auftaktbandes der deutschen Neuausgabe bezweifeln, denn die Geschichte ist nicht nur nicht sonderlich plausibel, sondern schwankt irgendwo zwischen einfach und einfältig. Doch was soll’s!?
Alleine das Artwork ist so außergewöhnlich, dass Segrelles sich jedwede Aufmerksamkeit redlich verdient hat: jedes Panel ist wie ein Gemälde komplett in Öl gemalt ist, auch die visuelle Inszenierung der Luftkämpfe, das Design der Rüstungen, der Maschinen und technischen Details sowie die Darstellung der menschlichen Körper sind plastisch und hochrealistisch. Daraus folgt, dass – zumindest in meinen Augen – die Frauen eine natürlich Erotik ausstrahlen, die den Tittenmonstern des amerikanischen (Superhelden-)Comics vollkommen abgeht. Will man eines bemängeln, so ist das die Tatsache, dass Segrelles den Hintergründen seiner Gemälde unterm Strich zu wenig Aufmerksamkeit widmet, so dass viele der Panels visuell geradezu leer wirken.
Abgerundet wird dieser erste Band durch einen umfangreichen redaktionellen Teil, der uns nicht nur die Vita des Künstlers näherbringt, sondern der in zahlreichen Detailbildern Vorgehen und malerischen Duktus Segrelles beispielhaft erläutert.
Fazit: Auch wenn die Story guten Gewissens als trivial und banal bezeichnet werden darf, so ist es das außergewöhnliche Artwork, das „El Mercenario“ zu einem echten Comic-Highlight macht.