Der Zauberer von Oz (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 16. Juni 2012 11:39
Eric Shanover
Der Zauberer von Oz
(The wonderful Wizard of Oz 1-8, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein
Titelillustration und Zeichnungen von Skottie Young
Panini, 2012, Hardcover, 212 Seiten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-86201-281-7
Von Christel Scheja
In Deutschland sind die Kinderbücher von Frank L. Baum wohl in erster Linie durch die Verfilmung mit Judy Garland von 1939 und das moderne Musical „Wicked“ bekannt. Diese aber sind eher frei nach den Originalen gestaltet. Die Romane erschienen zwar auch in Deutschland, wurden aber ebenfalls gerne bearbeitet, um sie dem Geschmack heutiger Kinder anzupassen.
Durch einen Wirbelsturm wird die kleine Dorothy, die bei Onkel und Tante auf einer Farm in Kansas lebt, in das magische Land Oz versetzt. Dort weiß sie nicht, wie ihr geschieht, denn sie wird gleich als Heldin gefeiert, hat sie doch mit den Haus, das an diesen fernen Ort getragen wurde, die böse Hexe des Ostens erschlagen. Eine gütige Dame erklärt ihr, was das bedeutet, bedauert aber auch, dass sie ihr nicht helfen kann, sie nach Hause zurückzubringen. Das kann nur der Zauberer bewerkstelligen, der in der fernen Smaragdstadt lebt. So bleibt Dorothy nichts anderes übrig, als zusammen mit ihren treuen Hund Toto auf der gelben Ziegelstraße loszumarschieren. An den Füßen trägt sie nun die Silberschuhe der Hexe.
Auf dem Weg in die Smaragdstadt begegnet sie erst einer Vogelscheuche, die keine Lust mehr darauf hat, im Feld herumzuhängen, sondern sich einen Verstand wünscht, um viel bewirken zu können, dann einem Mann aus Zinn, der sein Herz verloren hat. Und schließlich stellen sie einen feigen Löwen. Auch er hat einen Grund, sich an den Zauberer zu wenden. Gemeinsam wandern die Gefährten nun weiter und es zeigt sich, dass sie einander brauchen. Denn immer wieder müssen sie Abgründe überwinden, sich trügerischen Blumenfeldern stellen und anderen tückischen Fallen stellen, in denen sie alleine verloren gewesen wären. Doch mit der Ankunft in der Smaragdstadt fangen die Probleme erst richtig an, denn auch die Dienste des Zauberers haben ihren Preis.
Mit viel Liebe haben Eric Shanover und Skottie Young zusammen mit Jean-Francois Beaulieu die Geschichte umgesetzt. Man merkt, dass sie ein wichtiges amerikanisches Kulturgut ist, denn die Werte, die das Land erst groß gemacht haben, schwingen unterschwellig auf jeder Seite mit. In eher gedeckten Farben führt die Reise durch das Märchenreich, das so ganz anders ist als die europäische Welt – gibt es hier doch keine Sagen und Legenden, auf die Bezug genommen wird. Die Zeichnungen wirken nur auf den ersten Blick als seien sie aus einem Bilderbuch entnommen; wenn man genauer hinschaut, entdeckt man die kleinen Details, die die Graphic Novel auch für erwachsene Leser interessant machen.
Dennoch bleibt „Der Zauberer von Oz“ auch kindgerecht, da die Zeichnungen harmlos verspielt bleiben und der Autor darauf verzichtet, irgendwelche Modernismen einzubringen. Es kommt einzig und allein darauf an, die Erinnerungen an die Kindheit zu wecken, in der viele Leser genauso wie die kleine Dorothy, das Magische noch mit großer Neugier und innerer Faszination auf sich genommen haben.
Die Handlung ist sicherlich nichts für actionverwöhnte Comicfans, die es eher hart mögen, wer aber künstlerisch umgesetzte Geschichten liebt, die das Wesentliche einer Geschichte einfangen und die Kindheit wieder lebendig machen, der sollte einen genaueren Blick in den wunderschön gestalteten Hardcover-Band werfen. Zusätzlich zum reinen Comic gibt es nämlich noch ein Vorwort aus amerikanischer Sicht und eine kleines Essay über die Erscheinungsformen des „Zauberers von Oz“ in Deutschland, das sich ebenfalls sehr spannend liest. Eine weitere schöne Ergänzung sind die Charakterskizzen mit Anmerkungen und die Cover-Galerie, die die Lektüre angemessen abrunden.
„Der Zauberer von Oz“ ist wohl eines der amerikanischsten Märchen, die es gibt, doch in Deutschland eher durch die Verfilmung bekannt. Wer die Essenz des Buches jedoch besser kennenlernen will, sollte zu der schön gestalteten Graphic Novel greifen, die die Saga unübertroffen stimmungsvoll und mit all dem magischen Zauber, die sie besitzt, einfängt.