Zoë Archer: Jenseits des Horizonts – Die Klingen der Rose 1 (Buch)

Zoë Archer
Jenseits des Horizonts
Die Klingen der Rose 1
(Warrior)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Babetta Schröder
Titelillustration von Hartmut Nörenberg
Lyx, 2012, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 394 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-8025-8614-9

Von Carsten Kuhr

Als Captain Gabriel Huntley nach 15 Jahren seinen ehrenvollen Abschied aus Ihrer Majestät Infanterie nimmt, weil er einmal mehr bei der Beförderung übergangen wurde, ist sein weiterer Lebensweg eigentlich fest vorgezeichnet. In die Heimat zurückgekehrt, will er mit seinem alten Kameraden zusammen ein kleines Unternehmen aufziehen, eine nette Frau freien und eine Horde Kinder in die Welt setzen. Dass er dabei seine in allen Ecken des Commonwealth erprobten Talente verschwenden wird, muss er hinnehmen – Anno 1874 muss man als Bürgerlicher froh sein, sein Dasein überhaupt menschenwürdig zu fristen.

Kaum in England angekommen trifft er in einer einsamen Gasse eine Gruppe Männer, die einem offensichtlich begüterten Mann überfallen. Selbstlos und mutig eilt er dem Opfer zu Hilfe, muss aber hilflos mit ansehen, wie der Mann niedergestochen wird. Vor seinem Ableben bittet dieser Huntley um einen letzten Dienst, von dem das Gedeihen des Empires und der Frieden der Welt abhängen soll. Eine Botschaft gilt es zu überbringen – der Empfänger aber sitzt in der tiefsten Mongolei. Obwohl der Auftrag mehr als merkwürdig erscheint, nutzt Huntley die Bitte als willkommene Gelegenheit, von seinem vorgezeichneten, tristen Lebensweg abzuweichen und nochmals Farbe, Abenteuer und Gefahr in sein Leben zu bringen.

In der Mongolei angekommen trifft er nicht nur auf den Empfänger der Botschaft und dessen bezaubernde Tochter, er erfährt auch von Geheimnissen, die die Welt aus ihrer Bahn werfen können. Die Klingen der Rose, ein Geheimbund, dem auch das Mordopfer angehörte, sucht die überall auf der Welt verborgenen und verschollenen magischen Gegenständen vor dem Zugriff der Erben zu schützen. Während diese die Magie als Waffe zum Endsieg der Engländer gegen alle Widersacher nutzen wollen, suchen die Klingen die perfiden Pläne zu durchkreuzen – auch wenn sie dies nur zu oft ihr Leben kostet.

In der Mongolei ist ein Artefakt versteckt, mit dessen Hilfe vor hunderten von Jahren einst Dschingis Khan die Welt eroberte. Nun entbrennt ein Wettlauf, wer sich den magischen Gegenstand als erster sichern kann. Mittendrin in den abenteuerlichen Geschehnissen: Huntley und die bezaubernde Thalia Burgess…

Zunächst war ich ein wenig verwirrt. Nachdem Lyx vor einigen Jahren als reiner Phantastik-Verlag an den Start ging, hat man mittlerweile, dem Markt folgend, das Programm ein wenig aus- und umgebaut. Nicht länger nur High- und Urban-Fantasy-Titel werden unter dem Verlagssignet veröffentlicht, mit der Romance- und History-Schiene hat man die Publikationen ganz bewusst auch auf andere Bereiche ausgedehnt. Hatte ich also versehentlich einen Historischen Roman in die Hand genommen? Nur zu bald wurden meine Zweifel ad absurdum geführt. Mechanische Bienen, magische Relikte und Waffen, das bietet – neben einer gerade auch in Details was das Leben in der Mongolei anbelangt überzeugenden Darstellung – auch jede Menge phantastisches Flair.

Natürlich darf die Romantik bei einem Titel von Lyx nicht fehlen. Es geht ein wenig um Sex und große Gefühle von beiden Seiten, im Zentrum steht aber ganz klar das phantastische Abenteuer. Auf den Spuren eines Flashman machen sich unsere alternierend in den Mittelpunkt rückenden Protagonisten auf die Jagd nach dem verschollenen Kleinod. Ihr Weg führt sie, wie man dies von entsprechenden Romanen und Filmen gewohnt ist, durch abgelegene Gegenden und in fremde Kulturkreise. Dabei fiel mir auf, dass die Autorin sich erfolgreich bemüht hat, die Handlung mit Fakten und Wissenswertem zu hinterfüttern. Wir erfahren so Allerlei über das Leben in der Mongolei, über die Gastfreundschaft und die Ehrbegriffe des einstigen Wandervolkes.

Bei den Protagonisten wie auch den Antagonisten des Romans bevorzugt die Autorin klare Abgrenzungen. Die Erben werden von verwerflichen Motiven getrieben, sind unsympathisch und gewalttätig. Damit nicht genug, agieren sie noch nicht einmal sonderlich geschickt. Bei all ihrer Überlegenheit, sowohl was die finanzielle Ausstattung als auch die magischen Hilfsmittel, die ihnen zu Gebote stehen, anbelangt, müssten sie eigentlich das Schlachtfeld der Ehre als Sieger verlassen. Hier macht es sich die Autorin ein bisschen zu einfach: diese Schwarzweiß-Malerei stört den ansonsten guten Eindruck des Buches ein wenig.

Ansonsten wird der Leser voller Elan in ein phantastisches Abenteuer entführt, das nicht nur ein weibliches Klientel an die Seiten zu bannen weiß, und das voller Tempo und mit unerwarteter Wendungen unterhält.