Marlysa: Der Zyklus über die Ursprünge (Comic)

Marlysa
Der Zyklus über die Ursprünge
(Marlysa – Le cycl des origines)
Text: Jean-Charles Gaudin
Zeichnungen: Jean-Pierre Danard
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2012, Hardcover, 256 Seiten, 39,80 EUR, ISBN 978-3-86869-502-1

Von Frank Drehmel

Mit mittlerweile 11 Alben gehört die 1998 von Autor Jean-Charles Gaudin und Künstler Jean-Pierre Danard ins Leben gerufene „Marlysa“-Reihe zu den zweifelsohne erfolgreichen und langlebigen Kreationen franko-belgischer Comic-Kunst. Mit dem „Zyklus über die Ursprünge“ bietet der Splitter Verlag, der seit Band 6 für die deutschen Ausgaben verantwortlich zeichnet, nun den Fans die Gelegenheit, die ersten fünf noch bei Carlsen erschienenen Bände der Reihe vergleichsweise kostengünstig kennenzulernen.

Im Dorf Tolden finden Randin und Telsi eines Abends in ihrem Stall eingehüllt in Decken ein winziges Bündel Mensch, ein kleines Mädchen mit einem so schrecklich gezeichneten Gesicht, dass sie nicht nur sofort beschließen, sich des Kindes anzunehmen, sondern dass sie entscheiden, dass es fürderhin selbst als Säugling schon eine Maske wird tragen müssen, weil man sie andernfalls aus dem Dorf verbannen wird.

Schon in ihrer frühen Kindheit erweist sich die kleine Marlysa als behändes, tapferes Mädchen, das sich schützend vor seine Freunde – Tatrin und Cilia – wirft, wenn Räuber und Monster ihnen auflauern. Die Jahre gehen ins Land, Marlysa und ihre Clique wachsen zu gestandenen jungen Leuten heran, denen die Lust am Feiern genauso im Blut liegt, wie der Umgang mit Waffen. Bald jedoch zeugen finstere Vorzeichen und unerklärliche Ereignisse davon, dass etwas Böses sein Augen auf die junge Kriegerin mit der Maske gerichtet hat, und als ihre Zieheltern während eines Besuchs in der Hauptstadt Dompur verschwinden, ist es für Marlysa und ihre Freunde an der Zeit, Tolden zu verlassen.

Damit beginnt für die Kameraden eine abenteuerliche Reise, die sie – verfolgt von den Schergen des Schattens – in fremde Länder bis hin auf die Andere Seite führt, eine lange Quest, während der sie nicht nur neue Freunde finden und zahlreiche Gefahren meistern, sondern auf der Marlysa auch die Vergänglichkeit des Lebens kennenlernt, vermag sie doch ihre Eltern nicht zu retten.

Schon im ersten Part diese rund 250 Seiten starken Sammelbandes wird klar, weshalb sich „Marlysa“ schon seit mehr als einer Dekade auf dem Comic-Markt behaupte kann. Gaudins Geschichte strotzt geradezu vor Ideenreichtum, skurrilen und lustigen Details, vor Drama, Action und leichten Dialogen, wobei ein gewalttätiger, düsterer Unterton nicht von der Hand zu weisen ist; auch wenn nicht jede Szene plausibel oder originell daherkommt und es der Story zuweilen an innerem Zusammenhalt fehlt, so sind es die schiere Vielfalt und Fülle an Leben, an Figuren wie Landschaften sowie durch die durch die Bank sympathischen Charaktere, die den Leser schon nach wenigen Seiten für sich einnehmen und erst am tragischen Ende wieder loslassen.

Dass das Setting und die Story so gut funktionieren, liegt entscheidend am sehr speziellen Artwork: die Koloration zeichnet ein frischer, frecher Mut zur Farbe aus, der vielen traditionellen Mainstream-Comics vollkommen abgeht und der den Figuren Form und Fülle verleiht, während Danards Zeichenduktus einfach umwerfend leicht daherkommt. Mit geradezu beschwingt weicher Linienführung verleiht er seinen detailreichen Bildern und insbesondere den ausdrucksstarken, zuweilen an asiatische Masken erinnernden Gesichtern selbst in den düsteren Momenten eine fast schon heitere, das Schwere konterkarierende Grundnote.

Fazit: Eine vor Fülle strotzende Story, ein ungewöhnlich pralles Artwork sowie ein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis machen diesen Sammelband zu einer unbedingten Empfehlung für jeden Freund leichter und lebendiger Fantasy.