Judge 3 (Comic)

Yoshiki Tonogai
Judge 3
Aus dem Japanischen von John Schmitt-Weigand
Carlsen, 2012, Taschenbuch, 194 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-551-74704-4

Von Irene Salzmann

Drei Mädchen und sechs Jungen wurden von einem Unbekannten entführt und in einem verlassenen Gerichtsgebäude eingesperrt. Jeder von ihnen hat eine Untat begangen, für die er mit dem Tode bezahlen soll. Die Gefangenen haben es selbst in der Hand, alle zwölf Stunden einen der ihren auszuwählen, und wer die meisten Stimmen erhält, stirbt. Zwei von ihnen haben bereits ihr Leben verloren, und ein dritter muss bangen.

Vergeblich bemüht sich Hiro, die anderen davon zu überzeugen, dass sie gegen den Unbekannten zusammenhalten müssen, um weitere Morde zu verhindern und einen Weg zu finden, der in die Freiheit führt, denn es ist nicht sicher, ob die letzten Vier wirklich gehen dürfen, wie ihnen versprochen wurde. Hiros Anstrengungen finden nicht nur Zustimmung. Asami, Hayato und Ryuhei haben bloß ihr eigenes Überleben im Sinn und sind bereit, die anderen dafür zu opfern. Ihr Verhalten und listige Aktionen lassen das Misstrauen untereinander weiter wachsen, und Hiro muss befürchten, dass er der nächste sein könnte, weil er diese drei gegen sich aufgebracht hat. Zufällig entdecken die Jugendlichen einen weiteren Gefangenen, der offenbar gefoltert wurde…

Die Parallelen zu „Doubt“, dem Prequel von „Judge“, sind deutlich: In beiden Serien werden einige Jugendliche von dem mysteriösen Initiator eines perversen, tödlichen Spiels entführt und in einem abgelegenen Gebäude eingesperrt. Einer nach dem anderen verliert sein Leben bei dem Versuch herauszufinden, was das Ganze soll, wer dahintersteckt und wie man sich und die Kameraden retten kann. Dabei begehen die Beteiligten den großen Fehler, einander statt den wahren Feind zu bekämpfen. Dieser nutzt die Ängste seiner Opfer geschickt aus, sodass sie ihm in die Hände spielen, beispielsweise indem sie einen Todeskandidaten allein lassen, statt ihn als Gruppe zu beschützen. Obendrein sind einige von ihnen bestrebt, das Misstrauen weiter zu schüren und so einen Keil zwischen jene zu treiben, die noch immer Skrupel haben, einen der ihren in den Tod zu schicken. Tatsächlich erringt die Gruppe, die sich dazu bekennt, nur das eigene Überleben als Ziel zu haben, einen Vorteil. Ob und wie sie diesen nutzen, bleibt abzuwarten. Auch stellt das Auftauchen des gefolterten Mannes ein weiteres Rätsel dar, dessen Auflösung vielleicht wichtige Hinweise gibt, wie das grausame Spiel zu beenden ist, ohne dass noch mehr Jugendliche sterben müssen. Jetzt sind es nur noch sechs!

„Judge“ ist realistisch gezeichnet und inszeniert. Auf Effekthascherei wird verzichtet, da die Geschichte ihre Spannung aus sich selbst bezieht.

Gefallen Titel wie „Redrum“, „Tsumitsuki“ oder „Hiki“, wird man auch von „Doubt“ und „Judge“ sehr angetan sein. Allerdings darf der Künstler nicht den Fehler begehen, das Sequel zu sehr an der ersten Tetralogie zu orientieren, da die analogen Strukturen eine eigenständige Story unterdrücken könnten.