Die Minimenschen Maxiausgabe 8 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 03. April 2012 20:41
Die Minimenschen Maxiausgabe 8
Artwork & Szenarien: Pierre Seron
Übersetzung: Bernd Leibowitz
Ehapa, 2010, Hardcover, 152 Seiten, 29,95 EUR, ISBN 978-3-7704-3363-3
Von Frank Drehmel
Der achte Sammelband der „Minimenschen“-Maxiausgabe enthält neben drei albenlangen Storys („Strahlen aus dem All“ („Le pickpocket“), „Menschenraub“ („Rapt en sous-sol“), „Die 6 Klone“ („Les 6 clones“)) – einen kleinen erotischen Zweiseiter aus der Parodien-Reihe von Éd. M.C. Production. Das Ungewöhnliche ist jedoch die erste große Geschichte, „Strahlen aus dem All“, welche ein Crossover mit der (Kinder-)Serie „Le Scrameustache“ (dt. „Kosmi“; bei Salleck Publications) darstellt und parallel zum 14. Band der vom belgischen Zeichner Roland Goossens (d.i. Gos) entwickelten Reihe gelesen werden kann.
„Strahlen aus dem All“
Während einer nächtlichen „Besorgungstour“ in der Welt der Großen werden zwei Minimenschen Zeugen eines seltsamen Phänomens: ein greller Lichtblitz taucht die Nacht für wenige Sekunden in gleißendes Licht und lässt sämtliche großen Bewohner der Stadt vollkommen gelähmt zurück. Auch wenn man sich schon bald in der Welt der Großen der Gefahr der Situation bewusst ist und sich der Opfer annimmt, so fühlen sich Renaud und seine Freunde dafür verantwortlich, dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Als Ausgangspunkt ist rasch ein weit entfernter Planet ausgemacht, den die Minimenschen mittels der fortschrittlichen Technik aus dem Tal der Gefangenen der Zeit aufsuchen. Kaum auf dem Planeten angekommen wird ihr kleines Raumschiff durch eine unbekannte Macht festgesetzt, wohingegen die Helden selbst fliehen können. Kurz darauf begegnen sie nicht nur einem seltsamen außerirdischen Katzenwesen – Kosmi – und seinem menschlichen Freund Khena, sondern finden sich inmitten eines gefährlichen kosmischen Konfliktes wieder.
„Menschenraub“
Renaud und einige seiner Freunde planen eine Aktion gegen den weltweit größten Hersteller von Jagdwaffen und Munition, die S.O.S.F.R.A.C.. Mittels ihrer selbstentwickelten Technologie wollen sie die Produktionsanlagen des Unternehmens miniaturisieren und der Firma so einen Schlag versetzen, von dem sie sich nicht mehr erholt. Die Minimenschen sind jedoch nicht die einzigen, die ein Auge auf die S.O.S.F.R.A.C. geworfen haben: drei Ganoven haben vor, den Direktor des Unternehmens zu entführen, um ein veritables Lösegeld zu erpressen. Zwar gelingt beiden Parteien ihr jeweiliger Coup, aber über die nachfolgende Medienberichterstattung kann sich keiner der Beteiligten begeistern, stiehlt ihnen doch der jeweils andere die Schau. Im Gegensatz zu den Minis haben die Gauner allerdings das zusätzliche Problem, dass sie nicht nur ziemlich abergläubisch, sondern auch ziemlich dämlich sind und außerdem den Direktor an der Backe haben.
„Die 6 Klone“
Als Renaud einer Einladung eines Minis, der beschlossen hat, wieder groß zu werden, nach Biel in die Schweiz Folge leisten will, drängt sich ihm Cedille als Begleitung auf. Weil unser tapferer Held der Nervensäge eine rüde Abfuhr erteilt, schmiedet die Abgewiesene einen perfiden Plan: trickreich manipuliert sie Renauds Fluggefährt und leitet dessen Steuerung auf ihre eigenen Maschine um. Ehe er sich versieht, findet sich der Held auf Gedeih und Verderb Cedille ausgeliefert, sodass die Reise für ihn zu einem wahren Höllenritt gerät. Und das ist nicht einmal das Schlimmste: in der Schweiz treffen sie schließlich auf einen altbekannten Widersacher, der erneut Übles im Schilde führt.
Vordergründig ist das Crossover zweier erfolgreicher Comic-Serien das Bemerkenswerteste an diesem achten Sammelband, was auch der Schwerpunkt des redaktionellen Beitrags impliziert. Ich persönlich konnte und kann allerdings mit den Figuren Kosmi und Khena kaum etwas anfangen und empfinde die Konstellation bestenfalls als kindlich-albern beziehungsweise langweilig-blass, ganz abgesehen davon, dass die Story insgesamt extrem bemüht wirkt und jegliche phantastische Leichtigkeit vermissen lässt.
Deutlich interessanter ist hingegen die zweite Geschichte, da sie nicht nur situationskomischer daherkommt, sondern auch ein deutliches politisches Statement darstellt, das sich in dieser Klarheit bisher nicht in der Serie abzeichnete und daher überrascht. Dieses Statement besteht dabei weniger in einer Absage an eine Jagdindustrie und -kultur, die auch in vielen europäischen Staaten vergleichsweise fest verankert ist, als vielmehr in der Art des praktizierten Widerstandes, in dem man durchaus einen terroristischen ideologischen Unterbau erkennen kann.
Geschichte Drei gehört dann wieder in die Kategorie „Storys, die die Welt nicht braucht“. Nicht nur, dass sie konsequent anti-emanzipatorisch ist – Cedille wird sowohl als hysterische Nervensäge, als auch als dem Intellekt Renauds unterlegen gezeichnet –, sondern die vorurteilsgesättigten Zeichnungen – inhaltlich wie künstlerisch – der asiatischen Gegenspieler zerren zumindest aus heutiger Sicht gewaltig an den Nerven.
Fazit: Storyseitig trotz des subversiven Plots der zweiten Geschichte der bisher schwächste Band der Reihe. Allerdings reißt das lockere Artwork wieder einmal Einiges heraus.