Nautilus 97 (Magazin)

Nautilus 97
April 2012
Abenteuer Medien Verlag, 2012, Heft, 52 Seiten, 4,50 EUR

Von Christel Scheja

Die 97. Ausgabe der „Nautilus“ steht diesmal ganz im Zeichen der Schauermärchen, denn es dreht sich nicht nur um Gemäuer, in denen es spukt, sondern auch um den Schneewittchen-Mythos, der mehr mit Horror und Phantastik zu tun hat, als man denken mag, wenn man nur das Grimm’sche Märchen kennt.

Passend zu den zwei Filmen des April, „Die Frau in Schwarz“ und „Spieglein, Spieglein“, sind auch die Schwerpunktthemen gewählt. In ersterem nehmen die Redakteure und Autoren nicht nur den Film genauer unter die Lupe, sondern beschäftigen sich auch mit den unterschiedlichsten Spukhäusern im Kino und der Literatur. Wann eigentlich hat es damit angefangen, alte Burgen und Villen mit den Geistern Verstorbener oder unheimlichen Dämonen zu beseelen?

Weit größer ist der Blick auf den Schneewittchen-Mythos. Denn die Geschichte gibt es nicht nur in der kindgerechten Variante der Gebrüder Grimm. In der Geschichte um die schöne Königstochter, die von ihrer Stiefmutter so sehr gehasst wird, dass diese ihren Tod will, geht es um weit mehr, als das allseits bekannte Märchen uns weismachen will, wie der Artikel „Fakten zum Mythos um das Schneewittchen“ erläutert. Das beweisen schon seine zahlreichen Varianten und die Wurzel selbst, die die Geschichte ganz und gar nicht als Moritat für Kinder dastehen lässt. Und auch der Phantastik-Fan wird vielleicht erstaunt sein, wenn ein klassisches Horrorthema mit dem Märchen in Verbindung gebracht wird: „Lebendig im Sarg – Schneewittchen und andere Scheintote“.

Dazu kommen ergänzende Artikel, Rezensionen und Interviews, sowie die üblichen Rubriken, die die Ausgabe wie sonst auch abrunden und aktuell machen.

Besondere Highlights sind diesmal die Artikel um Schneewittchen und Scheintote, holen sie doch sehr weit aus und beinhalten neben bekannten Dingen auch solche, die vielen Lesern unbekannt oder schon lange nicht mehr bewusst waren. Vor allem „Lebendig im Sarg“ holt sehr weit aus und knüpft interessante Verbindungen. Überhaupt bietet die Ausgabe diesmal sehr viele Hintergrundartikel, die vor allem dem Phantastik-Fan gefallen dürften. Das zeigt, dass sich die Macher nicht nur an die aktuellen Filme klammern und diese genauer beleuchten, sondern auch Verbindungen zu Mythen, Literatur und anderen Bereichen der Kunst knüpfen.

Wie immer sind die Artikel unterhaltsam geschrieben, und nicht nur für den Neueinsteiger interessant, da sich immer auch Aspekte finden, die man nur wissen kann, wenn man sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat. Und gerade diesmal zeigt sich, dass Schneewittchen weder wirklich kindgerecht noch harmlos und süß ist, sondern mit sehr intensiven zwischenmenschlichen Themen gespickt ist, die nicht nur einen Blick in den Abgrund einer Seele erlauben, sondern auch auf den alltäglichen Umgang miteinander.

Gerade wenn man sich für die Schauerliteratur des 19. Jahrhunderts interessiert oder ein Faible für das Gothic-Genre hat, wird man in der Ausgabe 97 sehr viele interessante und ausführliche Texte finden, die wie immer auch noch ein Stück in die Tiefe gehen und dazu auch noch den passenden Hintergrund zu aktuellen Filmen liefern.