Drake, Jocelynn: Nightwalker – Jägerin der Nacht 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 15. Dezember 2009 00:00
Jocelynn Drake
Nightwalker
Jägerin der Nacht 1
(Nightwalker – The First Dark Days Novel, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Antje Görnig
Titelgestaltung von HildenDesign, München unter Verwendung eines Motivs von Pascal Genest/Istock (Frau) und Brandon Jennings/Shutterstock (Stadt)
Lyx, 2009, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 408 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8251-6
Von Irene Salzmann
Die Nachtwandler und andere Wesen leben inmitten der Menschen, ohne dass diese etwas von der Existenz der überlegenen Spezies ahnen. Nur wenige Eingeweihte tragen das Wissen über sie zusammen und machen Jagd auf sie. Einer dieser Jäger ist der mysteriöse Danaus, der kein normaler Mensch ist und Mira, die über die Vampire der Stadt Savannah wacht, und der dies sowohl Kopfzerbrechen als auch einen ungewohnten Thrill bereitet.
Allerdings müssen beide ihren persönlichen Zwist hinten anstellen, denn ein gemeinsamer Feind, den die Vampire glaubten, vor Jahrhunderten unschädlich gemacht zu haben, ist dabei, die Siegel zu öffnen, die das Tor zu einer anderen Welt verschlossen halten, in der die Königin der Naturi und ihr Gefolge die Rückkehr vorbereiten. Wenn das geschieht, sind die Vampire und die Menschen verloren.
Mira hatte an dem letzten Krieg gegen die Naturi teilgenommen, aber sie kann sich nur noch an Bruchstücke erinnern. Zu schrecklich war die Folter, und danach benötigte sie Jahre und das Verständnis von Jabari, um den Schock zu überwinden. Die unerwartete Begegnung mit den Naturi bringt das Grauen zurück, und Mira tut sich schwer, die lähmende Angst zu verdrängen und vernünftig zu handeln.
Da sie allein keine Chance hat, versucht sie, die Triade, bestehend aus drei ›Alten‹, zu mobilisieren, die schon einmal zu Gunsten der Vampire und Menschen die Naturi zurückdrängen konnte. Allerdings ist Tabor tot, Jabari und Sadira, Miras Schöpferin, verbergen sich, falls sie überhaupt noch am Leben sind. Während Mira die beiden ›Alten‹ und eines von Tabors ›Kindern‹ sucht, damit eine neue Triade gebildet werden kann, findet sie heraus, dass die Naturi in erster Linie hinter ihr her sind.
Aber warum? Und woher kennt der einäugige Elf Rowe, an den sie keinerlei Erinnerung hat, sie, die Feuermacherin? Kann sie sich auf Danaus und die Angehörigen der Gruppe Themis, die sich ein völlig falsches Bild von den Vampiren bewahrt und viele von ihnen getötet haben, wirklich verlassen? Schon bald werden in Mira Zweifel wach, ob sie nicht schon seit Jahrhunderten den falschen Personen ihre Liebe und ihr Vertrauen geschenkt hat …
Paranormal Romances gibt es momentan wie Sand am Meer. In den meisten davon rangiert eine ungewöhnliche Liebesgeschichte weit vor der eigentlichen Handlung. Es dreht sich alles um die Entwicklung dieser Beziehung, die gewürzt wird mit Missverständnissen, Eifersucht, Gezicke und viel Erotik, die manchmal sehr deftig-derb ausfällt. Eher findet man noch humorige Momente als echte Spannung.
Weicht endlich mal ein Titel von diesem simplen Schema ab, das auf den Klischees des ›leidenschaftlichen Liebesromans‹ beruht, bekommt man in der Regel wieder ein wahres Lesevergnügen geboten. Serien wie »Dhampir«, »Stadt der Finsternis«, »Vampire Academy« oder »Dante Valentine« sind Beispiele dafür. Auch »Nightwalker«, der erste Band der Reihe »Jägerin der Nacht«, vermag positiv zu überraschen.
Das Thema ist an sich nicht neu: Gut kämpft gegen Böse – präziser: Das kleinere Übel aus Sicht der Menschen, die Vampire, muss gegen die Naturi kämpfen, die sowohl die Menschen als auch die anderen Wesen der Nacht als Ungeziefer betrachten und von der Erde tilgen wollen. Als Vorbild für die Naturi dienen die verschiedenen Spielarten der Elfen und Feen, allerdings nicht die freundlichen Blumengeister, die man von alten Stammbuchbildern oder aus Märchenbüchern mit Jugendstil-Illustrationen kennt, sondern die bösen, düsteren Varianten aus dem volkstümlichen Glauben.
Der Autorin ist es gelungen, verschiedene Fabelwesen glaubhaft unter einen Hut zu bringen und sie so zu charakterisieren, dass sie ein bisschen anders sind als das, was man bereits in Jeanine Krocks »Venuspakt« oder Katie MacAlisters »Vampir im Schottenrock« vorgesetzt bekam. Man wird in eine nachvollziehbare, zeitgenössische Welt der Dunkelheit hineingezogen, deren Erforschung spannend ist
Die Hauptfiguren sind natürlich etwas Besonderes, ansonsten würden sie nicht aus der Masse herausragen und in der Lage sein, es mit überlegenen Feinden aufzunehmen. Sie haben jedoch auch Schwächen und sind auf die Hilfe anderer angewiesen.
Etwas dick trägt die Autorin immer dann auf, wenn sich Mira und Danaus beschnuppern und ihre Zweckgemeinschaft oder Beziehung neu definieren. Man erkennt früh, dass die beiden als Paar vorgesehen sind, aber nicht zu schnell zusammenkommen dürfen, denn auch die Spannungen, die zwischen ihnen herrschen, einmal weil sie auf verschiedenen Seiten stehen, zum anderen weil sie voneinander fasziniert sind, sind wichtig für die Handlung und sorgen für manche unerwartete Wendung. Allerdings wirkt das einander Umkreisen und Gezicke oft aufgesetzt und erzwungen. Diese Szenen sind die kleinen Schwachstellen des Buchs.
Wesentlich lockerer und glaubwürdiger geht Mira, aus deren Perspektive die Ereignisse erzählt werden, mit den meisten anderen Protagonisten um. Schade nur, dass Jabari und Sadira lediglich kleine Rollen besetzen und bloß einen Teil ihrer Geheimnisse preisgeben. Aber immerhin reicht schon das Wenige, um Miras Welt auf den Kopf zu stellen und den Leser neugierig auf die Fortsetzung zu machen.
Obwohl Danaus fast immer an Miras Seite ist, bleibt er im Hintergrund, hilft aus und rettet ebenfalls die meisten Rätsel um seine Person in die nächsten Bände (»Dayhunter« und »Dawnbreaker«). Ob einige seiner Kameraden von Themis, die als Nebenfiguren eingeführt wurden, größere Handlungsanteile im weiteren Verlauf der Geschehnisse haben werden, bleibt abzuwarten.
Die Verbindung von interessantem, mythischem Hintergrund und überwiegend sympathischen Charakteren, die nicht ständig miteinander ins Bett springen, reichliche phantastische Elemente und Action machen »Nightwalker« zu einer spannenden Lektüre für Genre-Fans; für Leserinnen mehr als für Leser, da Jocelynn Drake durch ihre selbstbewusste Protagonistin und ihren Stil ein weibliches Publikum anspricht.