Nemesis (Comic)

Nemesis
(Nemesis 1-4)
Autor: Mark Millar
Zeichnungen: Steve McNiven
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Panini, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 108 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-86201-190-2 (auch als Hardcover erhältlich, 39,00 EUR)

Von Frank Drehmel

Mark Millar, der Autor des vorliegenden Tradepaperbacks, gehört zweifellos zu den Comic-Shooting-Stars des neuen Jahrtausends. Nicht nur, dass er für Marvel einige kommerziell äußerst erfolgreiche Projekte schreibenderweise betreute, er hob mit „Wanted“ und „Kick Ass“ zwei Mini-Serien aus der Taufe, die schon kurz nach ihrer Veröffentlichung den mehr oder weniger erfolgreichen Sprung auf die Kinoleinwand schafften, auch wenn zumindest im „Wanted“-Fall die Vorlage – bedauerlicherweise – nur noch in Rudimenten erkennbar ist. Sei es wie es sei; wen interessieren die Meriten der Vergangenheit!? Werfen wir einen Blick auf „Nemesis“.

Mathew Anderson, der Spross einer ultrareichen amerikanische Familie, hat der Gesellschaft im Allgemeinen und Polizei-Chief Blake Morrow im Besonderen den Krieg erklärt, weil der ihm die Schuld am Selbstmord des soziopathischen Vaters und der Hinrichtung der ebenso gestörten Mutter gibt. Da der Apfel in diesem Fall nicht weit vom Stamm fällt, bedeutet Krieg für Anderson nichts anderes als skrupelloser, mitleidsloser Massenmord. Kostümiert als Superschurke und ausgestattet mit den unendlichen finanziellen Ressourcen seiner verblichenen Eltern unterhält er nicht nur eine Arsenal ultramodernster Waffen und Vernichtungsmaschinen, sondern heuert auch eine Armee verbrecherischer Spezialisten an, nur um sein nach Mord schreiendes Ego ausleben zu können.

Nachdem er in Asien seinen dunklen, perversen Gelüsten nachgegangen ist, kehrt Nemesis nach Amerika zurück, um Morrow den Todesstoß zu versetzen, wobei er – seiner üblichen arroganten Attitüde folgend – dem Polizisten den Zeitpunkt seines voraussichtlichen Todes ankündigt. Um seinen Plänen Nachdruck zu verleihen und Morrow zu provozieren, entführt der Soziopath den Präsidenten der Vereinigten Staaten, tötet im Pentagon 20.000 Mitarbeiter durch Giftgas und nimmt sich schließlich die Familie seines Erzfeindes vor. Doch schlussendlich muss Nemesis erkennen, dass Morrow alles andere als ein gefügiges Opfer und leichtes Ziel ist.

Boten in „Wanted“ und – mehr noch – „Kick Ass“ satirische Seitenhiebe auf Gesellschaft, Infotainment und Nertdtum dem gewaltaffinen Leser einen signifikanten und manchmal sogar intelligent dargebotenen Zusatznutzen, so kommt Nemesis nicht nur als vollkommen humorlose Orgie plakativ inszeniert Gewalt und ohne nennenswerte Botschaft daher, sondern ist darüber hinaus a) langweilig vorhersehbar und wartet b) mit hauchdünnen, eindimensionalen, motivationslosen Charakteren auf, was bezeichnenderweise 20th Century Fox nicht gehindert haben soll, die Film-Rechte zu erstehen.

Ist die Mini-Serie erzählerisch eine glatte Null-Nummer, so ist das Artwork Steve McNivens ein echter Hingucker: cineastische ausgerichtete, seitenbreite Panels mit lebendigen Perspektiven und Schnitten sorgen für eine hohe Dynamik und die feinen, markanten, ausdrucksreichen beziehunsgweise -starken Gesichter der Figuren für emotionale Nähe. Schlussendlich lassen explizite und bis in den letzten fliegenden Fleischfetzen hochdetailliert gezeichnete Gewaltexzesse jeden Voyeur vor Lust erbeben.

Fazit: Story pfui, Artwork hui. Wer auf bunte Bilder zwar sinnloser und vorhersehbarer, dafür jedoch umso detaillierte Gewalt abfährt, kann bedenkenlos zugreifen; wer eine originelle, intelligente Story präferiert, für den ist „Nemesis“ ein vollkommener Fehlgriff.