Matthew Sturges: Schattenspäher (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 22. September 2011 19:56
Matthew Sturges
Schattenspäher
Übersetzung aus dem Englischen von Christina Deniz
Titelbild von Chris McGrath
Bastei-Lübbe, 2011, Paperback, 528 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3-404-20006-1 (auch als eBook erhältlich)
Von Christel Scheja
„Midwinter“ war der erste Roman aus der Feder des fleißigen Comic-Autors Matthew Sturges, der unter anderem an den Serien „Jack of Fables“ und „House of Mystery“ mitarbeitete. Nun hat er seine erste Prosa-Saga mit „Schattenspäher“ fortgesetzt. Der Band schließt zwar locker an die Ereignisse und Figuren des Vorgängers an, ist aber ebenso in sich geschlossen wie dieser.
Mauritane und seine Gefährten, die im Gefängnis von Crere Sulace festsaßen, konnten erfolgreich die meisten Machenschaften der Unseelie vereiteln und sich in der Schlacht von Sylfan bewähren. Allerdings lag es nicht in ihrer Macht, zu verhindern, dass deren Angriff auf die Stadt Selafae erfolgreich war, denn die Feinde setzten den sogenannten „Eiszorn“ ein, eine mächtige magische Waffe, die den Ort in einer gleißenden Säule aus Licht vergehen ließ. Um ein weiteres Unglück dieser Art zu verhindern beschließt Königin Titania nun noch einmal Helden auszusenden, damit sie diese Waffe an sich bringen, denn ein Heer würde zu schnell von den Unseelie bemerkt werden.
Ihre Wahl fällt auf Perrin Alt alias Silberdun, der sich tödlich in einer Klosterzelle langweilt, weil er sich mit seinem Leben als Mönch nicht wirklich abfinden kann. Er soll sich bewähren, doch dazu muss er tief in die Schatten abtauchen, denn nur die Mitglieder dieser geheimen Organisation scheinen das Wissen und die Fähigkeiten zu haben, um sie gefahrlos aufzuspüren. Das ist nur der Auftakt einer gefahrvollen Reise, bei der er auch Sela kennen lernt, ein junges Mädchen, dass eine ganz besondere Gabe besitzt, bisher aber nur als Werkzeug in den Händen ihrer Herrn diente und nun erstmals die Freiheit spürt, das zu tun, was sie will. Dazu kommt der Thaumaturg Eisenfuß, der sich auch in der Höhle des Löwen als fähiger Kampfgefährte und treuer Freund erweist.
Wieder schickt Matthew Sturges seine Helden auf eine gefahrvolle Reise, in der sich High- Fantasy- und Steampunk-Elemente munter miteinander mischen und doch ein wenig der Flair der Anderswelt bleibt. Da ist auf der einen Seite die Rede von den Völkern der Seelie und Unseelie, auf der anderen von Automatenmenschen. Hier merkt man ihm seinen engen Kontakt zu Bill Willingham und Neil Gaiman an, die auch kein Problem hatten, Mythen und Magie mit Wissenschaft und Technik zu mischen und das alles auch noch glaubwürdig wirken zu lassen.
Interessant ist diesmal auch die Zusammenstellung der Gruppe. Keiner der drei Helden ist wirklich ein Kämpfer, aber im Verlauf des Abenteuers zeigt sich, das tatsächlich ihre besonderen Fähigkeiten und ihr Wissen gefragt sind und nicht unbedingt die Fertigkeiten mit den Waffen, auch wenn sie diese gelegentlich einsetzen müssen. Allerdings ist die Geschichte nicht immer leicht zu lesen. Lange weiß man nicht, worauf der Autor eigentlich hinaus will, da er immer wieder die Schauplätze und Sichtweisen ändert, unvermittelt in Rückblenden oder Erinnerungen wechselt und erst spät den Auftrag der Feenkönigin einbringt.
Wieder lösen sich die scheinbaren Unstimmigkeiten erst zum Ende hin auf. Heraus kommt damit eine solide Geschichte, die am Anfang trotz Action etwas schwer in die Gänge kommt, später aber durch eine komplexe Handlung und ständige Windungen und Wechsel in Atem hält. Damit erweist sich „Schattenspäher“ als reifer als „Midwinter“, fordert aber auch die Aufmerksamkeit des Lesers deutlich mehr als der Vorgänger, auch wenn die Handlung ebenso wenig in die Tiefe geht.
Wer einen kurzweiligen aber geradlinigen Abenteuerroman sucht, dürfte letztendlich überfordert sein, wer neben einer kompliziert verlaufenden Handlung auch Charakterentwicklung und die Vertiefung des Hintergrundes erwartet, könnte ebenfalls nicht ganz zufrieden sein.
„Schattenspäher“ ist damit anspruchsvoller als „Midwinter“, zeigt aber auch, dass der Autor immer noch nicht ganz dem Comic-Sektor entwachsen ist, da der Roman zwar einerseits mehr bietet als gewöhnliche Action-Fantasy, auf der anderen Seite aber seine Ansprüche noch nicht ganz erfüllen kann.