Stephen Hunt: Das Königreich jenseits der Wellen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 25. August 2011 11:24
Stephen Hunt
Das Königreich jenseits der Wellen
(The Kingdom Beyond the Waves)
Aus dem Englischen übersetzt von Kirsten Borchardt
Titelillustration von Nele Schütz Design
Heyne, 2011, Taschenbuch, 830 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-453-52551-1
Von Carsten Kuhr
Amelia Harsh gilt nicht nur in der Welt der Wissenschaftler als Enfant terrible. Nicht nur, dass sie sich als Frau erdreistet, sich der Archäologie zu widmen, ist sie mit ihrer Manie für das vor 600 Jahren untergegangene Reich der Camlantiker bei allen acht Universitäten Jackals verschrien. Dass sie als Tochter eine ehemaligen Regierungsmitglieds, der sich statt die Schande des Schuldturms auf sich zu nehmen erschoss, dabei niemand ist, den man einfach ignorieren kann, erschwert die Affäre weiter.
Doch dann nimmt der reichste Mann Jackals, Abraham Quest Verbindung zu der Professorin auf. Er hat, für sündhaft viel Geld, zwei der verschollenen Kristallbücher der Camlantiker in seinen Besitz gebracht – Bücher, die nicht nur von der reichen und dabei mit sich selbst in Frieden und Einklang lebenden Zivilisation und deren Sturz berichten, sondern einen Hinweis auf die Lage der in die Lüfte versetzten Stadt bergen.
Eine Expedition wird ausgerüstet, Amelia fährt mit einem antiquierten Tauchboot in eine der gefährlichsten, unerforschten Gegenden der Welt, umgeben von einem Haufen Sträflinge, einer Amazonen-Kampftruppe mit äußerst dünn gespanntem Geduldsfaden, die nicht einmal in ihrer Heimat erwünscht war, und hat, damit nicht genug, auch noch einen Saboteur dabei....
Was vor rund zwei Jahren, damals noch als großformatiges Paperback, begann, kürzlich als Taschenbuch neu aufgelegt wurde, das setzt der Heyne Verlag nun mit dem zweiten Band von Stephen Hunts etwas anderer Steampunk-Saga fort.
Außer dem Reich Jackal und dessen politisch-wirtschaftlicher Ausrichtung aber erinnert wenig an den ersten Teil. Stand dieser ganz im Zeichen einer an Dickens angelehnten, zu Beginn etwas anrührigen Geschichte, so begibt der Autor sich dieses Mal hinein in die Welt der Abenteuer. Ein in die Jahre gekommenes U-Boot, ein wilder Dschungel voll gefährlicher Flora und Fauna und eine Schatzsuche stehen auf dem Programm. Kombiniert wird dieser Plot mit Verrat, undurchsichtigen Strippenziehern im Hintergrund und jeder Menge Geheimnisse.
Das liest sich spannend und abwechslungsreich, wenn der Autor sich nur ein wenig kürzer fassen würde. Entkleidet von überflüssigem Ballast, unnötigen Exkursen und Seitensträngen, also eine Kürzung um mindestens ein Drittel des Umfangs, und schon läge ein wirklich toller Abenteuerschinken voller bizarrer Wesen und faszinierender Einfälle vor uns. So aber wird der Handlungsfortgang immer wieder gestört, verrennt der Autor sich in seinen zugegeben faszinierend anderen Ideen, häuft er in geradezu inflationärer Art und Weise Gestalten, Orte und Handlungsstränge auf, die mich immer wieder hilflos und ein wenig verwirrt zurückließen. Nicht etwa, dass sich diese in der Nachschau nicht zu einem sinnvollen Ganzen verbinden würden, doch weniger wäre hier mehr gewesen.
Ein wahres Feuerwerk an so bislang ungelesenen Ideen wartet auf den Rezipienten, der allerdings sowohl Sitzfleisch, wie auch ein gutes Gedächtnis mitbringen muss, um die Übersicht nicht zu verlieren.