So zeichnet man Comics 1: Grundlagen und Anatomie (Buch)
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- Veröffentlicht: Montag, 08. August 2011 18:56
So zeichnet man Comics 1
Grundlagen und Anatomie
(WIZARD How to draw: Heroic Anatomy, 2005)
Aus dem Amerikanischen von Jan Dinter
Titelbild von Frank Cho
Bild- und Textbeiträge von Dave Gibbons, Brent Anderson, Brian Bolland, Adam Huges, Joe Losner, Steve Mc Niven, Michael Turner, Jim Balent und anderen
Panini, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 120 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-86201-092-9
Von Frank Drehmel
Bis zum Anfang dieses Jahres war das Magazin „Wizard“ für rund zwei Dekaden eine feste Größe auf dem US-amerikanischen Comic-Sammler-Markt, wobei es sich mit seinem Layout und den redaktionellen Inhalten eher an jugendliche und/oder sich für jugendlich haltende Fans wendete.
In diesen rund 20 Jahren des Erscheinens hat sich eine Menge redaktioneller Stoff angesammelt, von dem das Meiste nicht einer gesonderten Neuveröffentlichung wert ist, unter dem sich jedoch auch einige echte Schätze wie die „How to Draw“-Artikel befinden, die in den USA mittlerweile in sechs jeweils rund 250 Seiten zählenden Sammelbänden zusammengestellt wurden und die für künstlerisch Unbeleckte wie auch für zeichnerische Semi-Profis eine unermessliche Fülle nützlicher Tipps und Tricks bieten.
Panini folgt in seiner deutschen Veröffentlichung einem vom Original abweichenden Rhythmus, indem man die Bände splittet. Als Leser und Konsument mag man das zwar bedauern, wird aber die ökonomische Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens in Anbetracht der unklaren Markt- und Nachfragelage kaum in Abrede stellen können.
In den 28 Lektionen dieses ersten Bandes, die in drei Kapiteln zusammengefasst sind, steht ganz die Figur im Mittelpunkt der Betrachtung. Kapitel Eins widmet sich zunächst den Grundwerkzeugen, die ein angehender Künstler besitzen sollte, möchte er sich fürderhin dem Zeichnen von Comics nicht nur widmen, sondern auch Erfolgserlebnisse generieren. Von der Wahl der Stifte und Pinsel über Tusche, Radiergummis und Papier bis hin zu Literaturempfehlungen wird hier ein kurzer, harter, technischer K.O. platziert.
Mit Kapitel Zwei beginnt dann die eigentliche Arbeit. Hier werden in acht Lektionen Figuren in ihre Grundformen zerlegt, diese Grundformen gedreht, gewendet und aneinandergereiht, werden Proportionen betrachtet und einfache Perspektiven von der Zentral- bis zur Drei-Punkte-Perspektive erläutert.
Das umfangreichste Kapitel jedoch stellt mit seinen 19 Abschnitten das dritte dar, in dem es um die Anatomie der Figuren geht. Beginnend mit dem grundsätzlichen Aufbau arbeitet man sich zunächst vom Kopf zu den Füßen, macht Zwischenstopp bei Augen, Nasen, Mündern oder Haaren, um sich schließlich und speziell weibliche Körper sowie deren Ausdrucksformen vorzunehmen und dann bei Superhelden und Superheldinnen zu enden.
Kommen wir zur Beurteilung. Auch wenn sich dieser erste Teil des Zeichenkurses, in dem es tatsächlich nur um die Figur – oder besser: einige Aspekte des Figurenentwurfes – und nicht um Themen wie Koloration, Seitenaufbau, Interaktionen, Storytelling und so weiter, geht, in erster Linie an blutige Anfänger richtet und für diese in einigen Bereichen – wie beispielsweise der Perspektive – nicht hinreichend ausführlich beziehungsweise tiefgehend genug ist, können nicht nur Einsteiger, sondern auch fortgeschrittenere Künstler ihren Nutzen aus diesem Kurs ziehen. Dieser Nutzen besteht neben den rein zeichentechnisch-anatomischen Informationen im Wesentlichen im optimistischen Lehr-Ansatz der zahlreichen Autoren. Erstens hat man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass Experten für Experten schreiben, da die Texte in einem gefälligen und lockeren Plauderton verfasst sind, der dennoch an der Kompetenz des jeweiligen Autors keinen Zweifel aufkommen lässt. Zweitens sind die meisten Beispiele so anschaulich und letztlich auch einfach gehalten, dass sie schlicht und ergreifend Mut machen, den Zeichenstift in die Hand zu nehmen und loszulegen, obgleich oder weil an mehreren Stellen explizit darauf hingewiesen wird, dass Übung, Übung und nichts als Übung den Meister macht.
Ein zu verschmerzender Mangel sind die zu dürftigen Hinweise auf weiterführende Literatur, die idealerweise jeder Lektion voran- oder nachgestellt sein sollten; immerhin jedoch bieten eine Handvoll Literatur-Hinweise am Schluss der ersten Lektion dem Leser einen Ausgangspunkt für weitere Recherchen.
Fazit: Für Comic-Einsteiger wie auch für fortgeschrittener Künstler ein informatives, lässig-locker geschriebenes Lehrbuch mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis.