Alef-Thau Gesamtausgabe 1 (Comic)

Alef-Thau Gesamtausgabe 1
(Alef-Thau Intégrale 1)
Szenario: Alejandro Jodorowsky
Zeichnungen: Arno (Arnaud Dombre)
Übersetzung: Resel Rebiersch
Ehapa, 2011, Hardcover, 208 Seiten, 29,99 EUR, ISBN 978-3-7704-3499-2

Von Frank Drehmel

Band 1 der zweiteiligen „Alef-Thau“-Gesamtausgabe enthält folgende vier ersten Einzelalben der achtbändigen, epischen, mystisch-magischen Geschichte Jodorowskys und Arnos: „Diamantha“ („L'Enfant tonc“), „Der Verrat“ („Le Prince manchot“), „Das Schwert“ („Le Roi borgne“) sowie „Planet der Illusionen“ („Le Seigneur des illusions“).

Vom Vater der sterbenden Mutter entrissen wächst Alef-Thau ohne Gliedmaßen in der liebevollen Obhut des alten, weisen Hogl heran, nachdem sein leiblicher Erzeuger kurz nach der Mutter ebenfalls den Tod in den Wäldern fand. Der Alte nimmt sich des Kindes an, weil er in einer Vision den Jungen als Retter und Befreier der Welt Mu-Dhara sah.

Eines Tages wird der Junge ohne Arme und Beine nicht nur Zeuge, wie die Horden des Eroberers Ner-Ramnus das Dorf der jungen Diamantha schleifen, sondern er findet auch Gelegenheit, dem Mädchen ein Versprechen zu geben: er werde für sie das Raumschiff ihrer Eltern erobern, das der Marodeur zu einer Festung ausgebaut hat und mit dessen Maschinen er der einheimischen Bevölkerung die Lebenskraft raubt. Trotz seines Handicaps gelingt es Alef-Thau mit Unterstützung durch Feen, Pirlipeis und menschlichen Krieger, die Gefahren der Reise zur Festung zu überstehen und in die Wehranlage einzudringen, wobei ihm seine besonderen, von Hogl geschulten Geisteskräfte ein ums andere Mal von Nutzen sind. Zwar scheitert der Junge letztendlich daran, Diamantha endgültig zu befreien, da er nicht die Entführung der jungen Frau durch den intriganten Astral, einen Gefolgsmann Ner-Ramnus', verhindern kann, allerdings erhält er durch die Maschinen des Raumschiffs sein linkes Bein und den rechten Oberschenkel zurück.

In den folgenden Jahren entwickelt sich der Junge zu einem Kämpfer, der das Ziel, die junge Frau zu retten, niemals aus den Augen verliert, der aber, um dieses Ziel zu erreichen, nicht nur die zahlreichen Wunder, Gefahren und Fährnisse, die Mu-Dhara bereithält, körperlich bestehen muss, sondern den seine Quest auch tief in die mystischen und metaphysischen Gefilde einer Welt führt, deren Bewohner kaum mehr als Spielbälle, Illusionen von Unsterblichen sein sollen. Während seiner Wege durch die Sphären Mu-Dharas findet Alef-Thau neue Freunde und Verbündete wie den Weißen Magier oder die Kriegerin Malkouth, opfert aber auch der Erkenntnis, des Wissens halber zuerst das eine, dann das andere Auge nur um zu erfahren, dass Diamantha augenscheinlich auch zu diesen Unsterblichen gehört und ihm mittlerweile bestenfalls neutral, schlechtestenfalls feindlich gesinnt ist.

Zweifellos gehört der 1929 in Chile geborene und seit mehr als fünf Dekaden in Europa heimische Szenarist und Künstler Alejandro Jodorowsky zu den umtriebigsten Autoren des gehobenen europäischen Comics, wobei sein umfangreiches Œuvre von der Fantasy über Historien-Dramen und Western bis hin zur Science Fiction fast jedes gängige Genre abdeckt.

Die Serie „Ale-Thau“, deren erster Band auf das Jahr 1983 datiert und die 1998 beendet wurde, allerdings lässt sich keiner Gattung exakt zuordnen. Die pure Lust am freien Fabulieren lässt Fantasy, Märchen, Mystery, Science Fiction und Esoterik zu einem überbordenden, lebendigen und kunterbunten Reigen verschmelzen, der zwar nicht immer stringent wirkt und einige Sprünge beziehungsweise Brüche aufweist, der aber dennoch nicht zuletzt wegen des ungewöhnlichen Hauptprotagonisten, einiger Plot-Twists, der Nonchalance, mit der Jodorowsky unterschiedliche Genre-Stereotype verarbeitet, sowie einem Übermaß an Fantasie und einem beeindruckenden Sense of Wonder den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zieht und in eine Welt voller Mysterien und wunderbarer Wesen entführt.

Die kongeniale Visualisierung durch Arno, der mit seinem leichten Duktus die Vielfalt der Figuren und Ideen des Autors in lebendige, farbenfrohe, dynamische und durch und durch gefällige Bilder bannt, tut ein Übriges, um diesen Sammelband zu einem Highlight im Programm von Ehapa zu machen.

Fazit: Eine wunderbare, mystische und spannende Reise in eine phantastische Welt! Für Comic-Fans, die Freude an märchenhaften Geschichten haben, ein Must-Have.