Metronom 2: Die Station im Orbit (Comic)

Metronom 2
Die Station im Orbit
(Metronom: Station Orbitale)
Text: Èric Corbeyran
Artwork: Grun
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2011, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-239-6

Von Frank Drehmel

Während Lynn Forester auf dem Rückweg von einer Probe eines geheimen und verbotenen Untergrundtheaters von ihrem Schwager aufgelauert wird, welcher der jungen Frau handgreiflich und unter Drohungen den weiteren Kontakt zu ihrer Schwester – seiner Frau Lauren –, die im Ministerium eine gehobene Position bekleidet, untersagt, muss der unangepasste Journalist Floreal Linman in den Fängen der Staatsgewalt eine psychische Konditionierung ertragen, die ihn in den Schoß des totalitären Regimes zurückbringen soll.

Bevor der Prozess jedoch erfolgreich abgeschlossen werden kann, entlässt ihn der dubiose Kommissar Radcliff entgegen aller Gepflogenheiten in eine Freiheit, in der ihn der sinistre Geschäftsmann Mr. Loess erwartet, um Linman einen Job anzubieten: vordergründig soll der Journalist zwar nach dem Verbleib Doug Foresters – Lynns Ehemann – forschen, doch Loess' eigentliches Interesse gilt dem fremden Organismus, den Doug und seine Kollegen von ihrer Raummission mit zur Erde gebracht haben.

Da Lynns Ehemann mittlerweile von Unbekannten aus seiner Quarantäne entführt worden ist und sich zudem der Organismus auf der orbitalen Raumstation des Regimes befinden soll, beschließen die junge Frau und der Journalist nach einer kurzen Kontaktaufnahme, sich gemeinsam auf der Station einschleusen zu lassen, um dort mit ihren Nachforschungen zu beginnen, wobei Mr. Loess' Beziehungen ihnen den Weg ebnen.

Während die beiden im Orbit einer tödlichen Verschwörung auf die Spur zu kommen scheinen, laufen die Ereignisse auf der Erde ebenfalls in alles andere als ruhigen Bahnen: nicht nur, dass Lauren beginnt, sich von ihrem Ehemann abzunabeln und zunehmend Partei für Lynn ergreift, auch Radcliff scheint sich vom Regime zu distanzieren, weil es den Beschluss fasst, mit aller Härte und Gewalt gegen die Verbreitung des subversiven Kinderbuchs mit dem Titel „Metronom“ vorzugehen.

Da gehaltvolle SF-Storys im Comic nach wie vor die Ausnahme denn die Regel sind und der Genre-Fokus eher auf visuell düsterer oder greller Action mit starker Hard-SF-Note liegt, ist es umso erfreulicher, dass Corbeyran die dystopische Geschichte des ersten Albums mit unveränderter Stärke und Verve fortsetzt. Nach wie vor stehen zwar die starken, charismatischen sowie kantigen Charaktere und ihre Leiden an beziehungsweise ihr Arrangement mit einem menschenverachtenden Regime im Mittelpunkt der Handlung, aber der Autor vergisst über aller Kritik nicht die Spannungsbögen und die Inszenierung von Rätseln und Geheimnissen.

Obgleich Corbyran die Story ruhig voranschreiten lässt, Zeit für Dialoge und die Betrachtung zwischenmenschlicher Beziehungen findet und plakativer, vordergründiger Gewalt zu Gunsten einer Darstellung eher struktureller Gewalt eine vollkommene Absage erteilt, ist das Comic nicht zuletzt dank des grandiosen Artworks Gruns von der ersten bis zur letzten Seite hochspannend und fesselnd.

Visuell dominiert der Kontrast von warmen Brauntönen, in denen sich die Muffigkeit und bedrückende, konservative Präsenz, die äußere, die gelebte Ideologie des Regimes widerspiegelt, und kühlem, technischem Blau, das Grun für die Darstellung gleichsam des Kerns, des Innenlebens des Totalitarismus wählt, für die Gefängnisse, die wissenschaftlichen Einrichtungen oder demagogische Konferenzen, wobei kleine zeichnerische Details – Flecken, Wasserlachen, wirbelnde Papierfetzen, etc. – auf beiden Farb-Ebenen mehr oder weniger deutliche visuelle Hinweise auf Zerfallsprozesse geben.

Fazit: Hochspannende „Social SF“, die zwar nicht in jedem Moment überwältigend originell ist, deren dichte, ruhige Story und deren atmosphärisch stimmiges, intensives Artwork den Leser sofort in ihren Bann ziehen.