Tess Gratton: Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut – Blood Magic 1 (Buch)

Tessa Gratton
Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut
Blood Magic 1
(Blood Magic)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Anne Brauner
cbj, 2011, Hardcover, 448 Seiten, 17,99 EUR, ISBN 978-3-570-15286-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Als Nicholas – Nick, wie er sich eigentlich lieber nennen lässt – von seinem ihm unbekannten Großvater dessen Haus erbt, ahnt er noch nicht, dass ihn das Erbe weit mehr berühren wird, als zunächst angenommen. Die neue, 18 Jahre jüngere Frau an der Seite seines als Rechtsanwalt sehr erfolgreichen Vaters besteht darauf, das heimatliche Chicago zu verlassen und die Zukunft der Familie in der ländlichen Idylle von Yaleyah zu suchen.

Ob Nick damit einverstanden ist, fragt niemand. Entsprechend genervt und schlechtgelaunt ist er dann auch, als er im an sein Grundstück angrenzenden alten Friedhof nach dem Grab seines Opas sucht. Statt auf die letzte Ruhestätte seines Verwandten aber stößt er auf ein etwa gleichaltriges, bezauberndes Mädchen, das sich über einem Grab mit dem Taschenmesser in die Hand schneidet. Dass sich anschließend die vom Herbst verfärbten Blätter wieder grün färben und um die Verrückte herumtanzen, löst in Nick nicht etwa Erschrecken aus, sondern weckt vergrabene Erinnerungen an seine Kindheit und seine Mutter. Kann es sein, dass er keiner Halluzination erlegen ist, dass Silla tatsächlich Magie gewirkt hat, die er selbst von seiner Mutter einst gelehrt bekommen hat?

In der Folgezeit nähern sich die Beiden einander an. Nick erfährt, dass Silla ihre Eltern, vor ein paar Wochen erst, tot aufgefunden hat. Die Zeichen scheinen eine eindeutige Sprache zu sprechen. Ihr Vater hat erst seine Frau erschossen, dann sich selbst gerichtet. Seitdem wird Silla, wie auch ihr Bruder, von der Dorfbevölkerung ein wenig mit Argwohn betrachtet.

Als eines Tages ein Unbekannter, der sich nur als Diakon bezeichnet, Silla das Zauberbuch ihres Vaters zusendet, und sie sich zusammen mit ihrem Bruder, später auch mit Nick, daran macht, die Sprüche auszuprobieren, ahnen sie noch nicht, dass etwas Böses seine Finger im Spiel hat – eine Macht, die nicht nur für den Tod von Sillas Eltern verantwortlich zeichnet, sondern nun auch hinter dem zauberkräftigen Blut der beiden Liebenden und den lebensverlängernden Knochen der Ermordeten her ist…

In alternierenden Kapiteln erzählt uns die Autorin ihre Geschichte aus der Sichtweise Drusillas (Silla) und Nicholas’ (Nick), sowie aus der Erinnerung einer zunächst noch mysteriösen magischen Adeptin. Dabei nutzt sie geschickt die zu erwartenden Versatzstücke eines paranormalen Romans für Jugendliche und mixt ihre ganz eigene Magie hinzu. Den Ausgangspunkt findet der Leser in seinen beiden Ich-Erzählern. Über diese taucht er ohne Wartezeit in die Handlung ein, die ihm nach und nach vorgestellt wird. Gleich zu Beginn erlebt er die erste magische Beschwörung Sillas mit, weiß also, dass die Blutmagie funktioniert.

Während die Handlung voranschreitet, die beiden Hauptpersonen ihre Zuneigung zueinander entdecken, werden ihre jeweiligen Historien offenbart. Beide entstammen Familien, besser gesagt Blutlinien, die Magier hervorgebracht haben und müssen sich zunächst mit dem ungeliebten Erbe befassen. Nach einer recht kurzen Zeit der Negation und Ablehnung zwingt sie die Bedrohung dann, ihre Kräfte nicht nur als gegeben anzusehen, sondern auch zu gebrauchen. Die wohltuend kurzen Gefühlsduseleien fallen in den spannend und rasant aufgezogenen Szenen kaum auf. Unauffällig aber sehr treffend porträtiert die Autorin dabei das Leben der Jugendlichen im ländlichen mittel- und südwestlichen Amerika. Dass der aus Chicago, der angesagten Großstadt, stammend Nick hier seine Schwierigkeiten hat sich in der Cowboystiefelmentalität einzufinden, ist nachvollziehbar. Dass sich beiden Außenseiter zueinander hingezogen fühlen ist ebenso glaubwürdig. Dann bestimmt die Action das weitere Geschehen. Gejagt und erpresst stürzen sie überhastet von einer gefährlichen Situation in die nächste, kommen kaum zum Reflektieren geschweige denn zum Luft holen.

Das verbindet geschickt das Gefühlschaos einer jungen Liebe mit der Spannung einer dunklen Bedrohung, mixt jede Menge Geheimnisse hinein und besticht mit einer etwas anderen Magie, die, gerade weil diese ihren Preis kostet und auch in ihren Einzelheiten glaubwürdig beschrieben wird, überzeugt.