Maria Dahvana Headley: Die Königin der Unsterblichen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 01. Juni 2011 13:32

Maria Dahvana Headley
Die Königin der Unsterblichen
(Queen of Kings)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Sonja Rebernik
Titelillustration von Corbis
Knaur, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 524 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-426-50893-0
Von Carsten Kuhr
Wir kennen die zugrundeliegenden Vorkommnisse aus dem Geschichtsunterricht. Im Jahr 30 vor Christus erobern die Legionen Octavius’ Ägypten, Marc Anton richtet sich selbst mit dem Schwert, seine Geliebte, Königin Cleopatra, vergiftet sich mit einem Schlangebiss. Doch war es wirklich so, oder hatte die Herrscherin am Nil nicht vielleicht ganz andere Pläne?
Als Marc Anton die gefälschte Nachricht zugespielt bekommt, dass seine Geliebte ihn verlassen hat, bricht für den charismatischen Heerführer eine Welt zusammen. Im Sterben liegend erfährt er, dass er auf eine List hereingefallen ist, seine Cleopatra ihn weder vergessen, noch die Schlacht verloren geglaubt hat. Zurückgezogen in ihrem eigenen Mausoleum beschwört die Königin vom Nil einen uralten Zauber – einen Zauber, der ihr Innerstes an Sekhmet, der uralten, fast vergessenen Kriegsgöttin bindet. Im Austausch für ihre Seele wird die nach wie vor bezaubernde Königin in ein vampirähnliches Wesen verwandelt. Zwar verbrennt sie die Sonne und das Silber, und nur frischen Blut vermag ihren Hunger zu stillen, doch zugleich gebietet sie nicht nur über die Fähigkeit, sich in ein anderes Wesen zu verwandeln, auch die Kinder der Sekhmet – Hunger, Seuche, Erbeben, Überschwemmung und Gewalt – stehen ihr fürderhin zu Diensten.
Auf den Suche nach Rache für den Tod ihres Geliebten, die Ermordung ihres Ältesten Caesarion und der Okkupation Ägyptens, folgt sie Octavian, der sich in Rom zum neuen Kaiser krönen lässt, in die Stadt am Tiber. Hier sucht sie nach Rache und stößt auf Gegner, mit denen sie nicht gerechnet hat…
Gerade in den letzten Monaten brach eine wahre Flut von Romanen über uns herein, in denen die Autoren historische oder fiktive Gestalten der Geschichte mit dem Übernatürlichen verbanden. Insoweit ist die Idee, eine der faszinierendsten Frauen der Geschichte entsprechend zu würdigen, nachvollziehbar. Dabei geht die Autorin, wie sie uns in ihrem Nachwort berichtet, von der unbestreitbaren Tatsache aus, dass Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird. Und diese standen ganz im Banne Roms. Dazu kommt, dass keiner der Chronisten, die uns von den Begebenheiten um Alexandria berichteten, wirklich dabei gewesen ist. Die Überlieferungen, die uns vorliegen, datieren alle von Geschichtsschreibern, die 100 Jahre nach den Ereignissen gelebt haben, und selbst auf dubiose Quellen oder auch Vorgaben der Senatoren Roms zurückgreifen mussten. Insoweit ist das, was wir als überlieferte Historie kennen und als gegeben ansehen, nichts weiter als eine Annahme, die bar jeglicher Realität sein kann.
Dies vorausgeschickt präsentiert uns die Autorin im ersten von drei projektierten Bänden einen Text, der zunächst seine Schwierigkeiten hat, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Die Handlung in und um Alexandria liest sich distanziert, Nähe zu der Protagonistin mag nicht aufkommen, ein Eintauchen in die Handlung ergibt sich nicht. Der Leser verfolgt die Geschehnisse unbeeindruckt mit, entsprechend will Spannung oder Atmosphäre nicht aufkommen.
Hat man diese Durststrecke von gut 100 Seiten einmal überstanden aber kommt der Plot in Fahrt. Gerade die Fähigkeiten, die die Nilherrscherin von der Gottheit verliehen bekommt, erweisen sich im weiteren Verlauf des Buches als Garant für Spannung und Faszination. Nicht nur der Besuch im Hades, auch die Bemühungen ihrer Gegner – Octavian hat sich der Dienste dreier Magier gesichert – bergen wahrlich faszinierende Begegnungen, die Motive sind nicht nur aus der altägyptischen, sondern auch aus der griechischen Mythologie entlehnt. Hier kommt dann viel Spannung und Dramatik auf, nimmt das Tempo deutlich zu, und zieht die Handlung den Leser in ihren Bann.
Auch wenn die historische Akkuratesse und die Fähigkeit, Geschichte wahr werden zu lassen, eher moderat ausgeprägt sind, die Charakterisierung Cleopatras zu Beginn zu diffus bleibt, vermochte es die Autorin, mich insbesondere in der zweiten Hälfte des Buches mit ihren phantastischen Beschreibungen in ihren Bann zu ziehen und ein letztlich doch spannendes Buch vorzulegen.