Greg F. Gifune: Blutiges Frühjahr (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 15. Mai 2011 13:14
Greg F. Gifune
Blutiges Frühjahr
(The Bleeeding Season)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michael Weh
Festa, 2011, Taschenbuch, 414 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-097-5
Von Carsten Kuhr
Potter’s Cove, Massachusetts. Hier, in einem der kleinen, verschlafen wirkenden Nest in der Nähe von Boston, wuchsen sie heran – die Sultans, wie sich ihre Gang nannte, gingen gemeinsam durch dick und dünn. Dass ihr Anführer dann als Teen überfahren wird, schweißt die vier Überlebenden nur noch enger zusammen. Selbst nach ihrer Schulzeit behalten sie einander im Auge, reißt die Verbundenheit nicht ab.
Doch dann, zwischenzeitlich sind sie als Enddreißiger etwas ruhiger – aber auch um einige Illusionen ärmer – zur Ruhe gekommen, erhängt sich Bernard, und hinterlässt seinen Kumpeln ein Tonband, in dem er nicht nur seine Tat erläutert, seinen Freunden unangenehme Wahrheiten an den Kopf wirft, sondern auch vor einem blutigen Frühjahr in Potter’s Cove warnt. Nur langsam dämmert den drei Überlebenden, dass sie ihren Freund gar nicht gekannt haben, nicht wirklich zumindest. Statt, wie angenommen, ein Jahr bei den Marines zu dienen, hatte dieser sich in New York als Serienkiller die Zeit vertrieben. Und das Morden hörte nicht auf, als er zurück nach Hause kam…
Auf den ersten Blick hält der Roman wenig Überraschendes für den Thriller-Leser bereit. Eine Gruppe Männer kommt zusammen, betrauert den Verlust eines Freundes und erinnert sich an die eigene, verflossene Jugend. Dabei kommt man dem Bösen auf die Spur, muss sich selbst, seine Wertevorstellungen und Überzeugungen hinterfragen und neu einordnen. Auf den ersten Blick Ähnliches, Vergleichbares haben uns King, Koontz, Straub und McCammon kredenzt. Dennoch, und aus diesem Grund reite ich so auf dem ersten Blick herum, unterscheidet sich vorliegender Roman von den vorgenannten Texten. Auch King & Co berichteten uns von dem oftmals wehmütig-verklärten Blick auf die eigene Jugend, als alles noch einfach schien, die Träume hoch flogen und der Himmel strahlend blau war. Das Besondere an dem Text aus der Feder Gifunes ist die unheimliche Intensität, mit der uns der Autor in seinen Bann zieht. Man wird von den Geschehnissen, den Offenbarungen und Einsichten, die sich den restlichen Sultans nach und nach erschließen, förmlich erschlagen.
Das hat alle Ingredienzen, die einen erfolgreichen Thriller ausmachen: unheimliche Spannung, mysteriöse Morde, rätselhafte Täter und ein dunkles Geheimnis – bietet aber darüberhinaus noch weit mehr. Sei es, dass solch hehren Werte wie Freundschaft, Vertrauen und Verlässlichkeit angesprochen und kritisch hinterfragt werden, damit zusätzlich Tiefe in den Unterhaltungsroman Einzug hält, oder die pointierte Zeichnung von menschlichen Schicksalen, einer tristen Umwelt und verlorener Träume, die die Verhaltensweisen der Menschen entsprechend mit Motiv unterfüttern.
Selten hat mich ein Thriller so an die Hand genommen, hat mir neben der Gänsehaut ob der Taten, die geschildert werden, auch die Entwicklung der Menschen, die im Mittelpunkt des Plots stehen, begreifbar und nachvollziehbar gemacht.