Tom Becker: Der schwarze Phönix – Darkside 2 (Buch)

Tom Becker
Das schwarze Phönix
Darkside 2
(Lifeblood)
Aus dem Englischen übersetzt von Sieglind Ingrid Thannheiser
Boje, 2009, Hardcover, 268 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-414-82142-3

Von Carsten Kuhr

London ist eine der faszinierendsten Weltmetropolen unserer Zeit. Eine Stadt die niemals schläft, in der Vermögen gemacht wird und man das Glück suchen kann. Doch abseits der verstopften Gassen rund um den Piccadilly Circus existiert seit Jahrhunderten, vergessen von den Stadtbewohnern, den Bankern und den Touristen ein Viertel, in dem sich die Außenseiter wohlfühlen. Das Verbrechen fand hier ebenso Unterschlupf wie Vampire und Werwesen, Zauberer und Diebe.

Willkommen also in der Darkside, der Schattenwelt, in die die Obrigkeit zur Zeit Königin Victorias alles zwielichtige Gesindel verbannt hat. Beherrscht wird die Darkside von dem Familienclan der Rippers – ja, sie ahnen schon: Jacks Nachfahren.

Die Handlung setzt einige Monate nach den im ersten Teil erzählten Geschehnissen ein. Jonathan Sarling soll zusammen mit dem etwas schmuddeligen Privatdetektiv Elias Carnegie, einem Werwolf, einen Mord aufklären. Das Besondere an dem Verbrechen – immerhin befinden wir uns in der Darkside – ist nicht die Tatsache, dass eine zerfetzte Leiche aufgefunden wurde, sondern, dass das Opfer und der Tathergang einem anderen Mord ähnelt. Vor zwölf Jahren, just als Jonathans Mutter in der Darkside spurlos verschwand, wurde einer der Erben des Rippers grausam hingeschlachtet. Nun, ein Dutzend Jahre später, scheint der Täter erneut zuzuschlagen – nicht nur die Rippers, auch Jonathan würde sich gerne mit dem Unbekannten unterhalten. So beginnt, begleitet von einem neugierigen Reporter, die Jagd nach dem mysteriösen Täter und dessen Motiven – eine Jagd, die so manche aufsehenerregende Erkenntnisse für Jonathan bereithält…

im zweiten der auf insgesamt fünf Bände ausgelegten Reihe um die Darkside verknüpft Tom Becker mit leichter Hand Elemente der Urban Fantasy mit Kriminal- und Detektivplots. Dabei versteht er es, seine Welt weiter Tiefe zu verleihen. Im Verlauf der Nachforschungen bekommen wir tieferen Einblick in die Machtstrukturen der Darkside, und lernen weitere, faszinierende Gestalten kennen.

Ich hatte erwartet, dass der Autor im zweiten Band das vergessene Viertel Londons mehr in den Mittelpunkt stellen würde. Überrascht sah ich dann aber, dass die Darkside weiterhin relativ diffus in ihrer Ausgestaltung bleibt. Ein paar wenige Orte, zumeist dunkle, zwielichtige Kaschemmen, werden beschrieben, das Buch aber wird eindeutig von den Gestalten dominiert. Allen voran ist es einmal mehr Jonathan, dem man als Leser auf seiner rasant aufgezogenen Jagd nach dem Täter gerne folgt. Dazu gesellen sich aber auch weitere interessante Figuren. Immer deutlicher wird, dass Jonathan, über seine verschwundene Mutter eine ganz persönliche Verbindung zu dem Täter hat. Die Beziehung zu seinem väterlichen gleichwohl meist launischen Freund Carnegie, aber auch neue Verbündete und Freunde, sorgen dafür, dass die Figur des Protagonisten weitere Ecken und Kanten bekommt, innerlich überzeugend reifen kann und den Leser so als idealer Erzähler anspricht.

Natürlich geht es im Wesentlichen um das „who did it“, doch gelingt es Becker, diese Suche nach dem Täter in ein faszinierendes Geflecht aus atmosphärischer Dichte und interessanten Personen zu kleiden. Das ist nicht nur für jugendliche Leser interessant, enthält zudem für ein Jugendbuch erstaunlich plakative Gewaltdarstellungen, ohne hier die Grenzen zu überschreiten.