Markus K. Korb: Finstere Stadt - Mainframe (Buch)

Markus K. Korb
Finstere Stadt - Mainframe
Titelbild: Jack Moik
Innenillustration: Kim Davey
Verlag Torsten Low, 2025, Paperback, 360 Seiten, 16,90 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Wir schreiben weiterhin das Jahr 2055. Unweit der chinesischen Metropole Hongkong liegt die „Finstere Stadt“ - ein urbaner Moloch, in dem sich illegale Einwanderer, Überlebenskünstler und Kriminelle tummeln. Hier regieren die Triaden mit harter, brutaler Hand über Slums, Armut und Angst.

Doch selbst sie sind überrascht von dem, was ihre augmentierten Agenten - mit kybernetischen Implantaten aufgerüstete Menschen - zutage fördern.

Die Bedrohung, die sich abzeichnet, hat globale Dimensionen: Der Zusammenschluss künstlicher Intelligenzen droht, die Kontrolle über die Erde zu übernehmen, während im Hintergrund ein mächtiger Konzern die Fäden zieht. Ihr Ziel ist die Zukunft allen biologischen Lebens zu bestimmen und dieses letztlich auszulöschen. In einem verzweifelten Versuch, das Schlimmste zu verhindern, senden die Triaden auf der Suche nach Verbündeten ihre Emissäre rund um den Globus.

Die Spur führt diese nach Dubai, New Orleans und Las Vegas. Und so unterschiedlich die potenziellen Alliierten auch sind - eine KI, eine Voodoo-Queen, sowie der Pate von Vegas -, ohne sie scheint der Kampf gegen den übermächtigen Gegner verloren, bevor er überhaupt begonnen hat…


Mit dem nun vorliegenden Mittelband seiner geplanten Cyberspace-Trilogie legt Markus K. Korb eine Fortsetzung seines dystopischen Zukunftsentwurfs vor. Der Autor, der bislang vor allem durch seine Beiträge zur Weird Fiction bekannt ist, wagt sich mit diesem Werk weiter ins Terrain der spekulativen Tech-Noir-Literatur - mit wechselhaftem Ergebnis.

Zwar überzeugt Korb mit einem hohen Erzähltempo und actionreichen Szenen, doch bleibt die Tiefe vieler Schauplätze zu gering. Statt eigener Visionen der bekannten Handlungsorte bedient sich der Text allzu häufig bekannter Klischees; die künstlich aufgeschütteten Inseln Dubais, der dort zur Schau gestellte Überfluss mit seinen goldenen Wasserhähnen und Shopping-Malls, wirken eher wie ein touristisches Best-of als wie ein literarisch erschlossenes Zukunftsszenario. Auch New Orleans, hier als halb überfluteter Sumpfstaat mit frankophilen Rednecks gezeichnet, bleibt blass. Las Vegas schließlich bietet zwar die interessante Idee neuronaler Glücksspielmaschinen, die selbst bei Verlusten Glückshormone ausspielen - doch auch hier fehlt es an Tiefe, an eigenständiger Unverwechselbarkeit.

Die Faszination und Detailliertheit, mit der Korb die „Finstere Stadt“ im ersten Band entwickelte, findet in den neuen Handlungsorten leider keine wirkliche Entsprechung. Die Beschreibungen wirken skizzenhaft - als Bühne für die nächste Action-Szene, nicht als Orte mit eigenem Flair.

Zugutehalten kann ich dem Autor, dass er insbesondere in Vegas versucht, ein wenig Tiefe einfließen zu lassen. Hier beschäftigt er sich kurz mit der Frage, ob ein künstliches Wesen „leben“ kann, was Leben ausmacht, wo die Grenze zu ziehen ist. Allerdings hätte ich mir gerade hier weitere Ausführungen gewünscht. Allzu schnell tritt dann wieder die Action ins Rampenlicht.

Auch die Figurenführung bleibt oberflächlich. Zwar lässt sich dies innerhalb des Action-Genres bis zu einem gewissen Grad verschmerzen, doch fehlt es hier insgesamt an erzählerischer Eigenständigkeit. Dem Roman mangelt es an überraschenden Motiven, an innovativen Ideen, an etwas Unverbrauchten. So wirkt der Text streckenweise wie einer von vielen, ein weiterer Beitrag zum allmählich ausfransenden Subgenre der Cyberpunk-Fiktion.

Und das ist höchst bedauerlich, denn Korb ist ein talentierter Autor mit Gespür für Atmosphäre und düstere Visionen. Man möchte ihm wünschen, dass er im abschließenden dritten Band der Trilogie zu jener erzählerischen Dichte und Originalität zurückfindet, die seine Weird-Fiction-Texte, aber auch der Auftakt zur „Finsteren Stadt“ auszeichneten.

Erwähnenswert ist zudem, dass auch dieser Roman neben der Paperback-Ausgabe als limitierte, nummerierte und signierte Hardcover-Ausgabe erhältlich ist.