Sukkubus 1: Camilla (Comic)

Sukkubus 1
Camilla
(Succubes: Camilla)
Text: Thomas Mosdi
Zeichnungen und Fraben: Laurent Paturaud
Übersetzung: Tanja Krämling
Lettering: Bernd Koronsbein
Splitter, 2009, Hardcover, 48 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978–3-86869-086-6

Von Frank Drehmel

Paris, 1794: unter Maximilien Robespierres Terrorregime rollen wortwörtlich die Köpfe; nicht nur Anhänger der Bourbonendynastie enden auf der Guillotine, die Revolution frisst auch schon lange ihre eigenen Kinder, jene Bürgern und Bürgerinnen also, die sich Emanzipation und Freiheit auf die Fahne geschrieben haben.
Den gnadenlosen, asketischen Junggesellen Robespierre umgibt jedoch ein dunkles Geheimnis: regelmäßig trifft er sich mit einer mysteriösen dunkelhaarigen Frau namens Camilla, die dem geheimen Orden der Töchter der Lilith angehört, der seine Wurzeln augenscheinlich (auch) im ägyptischen Isis-Kult hat und der maßgeblich an der Entchristianisierung im Rahmen der Französischen Revolution beteiligt zu sein scheint.

Robespierre, der der jungen Frau sexuell geradezu hörig ist, wird mehr und mehr in die Ränkespiele des Ordens verwickelt, nimmt an Initiationsriten teil und gibt sich selbst der Lächerlichkeit preis, als er dem Volke eine riesige Isis-Statue enthüllen lässt.
Das Treiben der Frauen wird argwöhnisch von einem konkurrierenden Geheimbund, den Söhnen Adams, verfolgt, die den Frauen nicht nur Steine in den Weg legen, sondern die auch vor Mord nicht zurückschrecken, wobei sich die Töchter Liliths allerdings mehr als einmal als ebenbürtige Gegnerinnen erweisen.
Für Robespierre selbst wird die Lage ab dem Moment eng, als er für die verhaftete und zum Tode verurteilte alte Oberin des Ordens, die Bürgerin Théot, entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten Partei ergreift und sie begnadigt, da dieser Akt diktatorischer Willkür für seine Gefolgsleute, unter denen es schon lange gärt, das Fass zum überlaufen bringt.

Nun denn: Wer vor dem Hintergrund der Französischen Revolution einen düsteren Mystery-Thriller oder wenigstens eine deftige Mantel-und-Degen-Geschichte erwartete, wird negativ überrascht. Zwar tragen viele Protagonisten Mäntel und kämpfen sogar mit Degen, zwar existiert ein mystischer Unterton, aber das Problem dieses Auftaktbandes ist, dass weder deutlich wird, worauf der Autor hinauswill, welches die Geschichten sind, die er uns zu erzählen hat, noch dass sich irgendeine moralische oder weltliche Instanz ausfindig machen lässt, anhand derer man die zahlreichen Handlungsträger auch nur ansatzweise einordnen kann. Die Lilith-Tussen radebrechen in einer trivial-feministischen Art und Weise zwar von Fortschritt und Emanzipation, unterscheiden sich in ihrem Handeln jedoch nicht signifikant von den Adams-Jüngern, sodass in diesem wirren Mix aus Historie, Verschwörungstheorie und Esoterik der Leser keine Haltegriffe findet, an denen er sich durch die Story hangeln kann, und insofern gezwungen ist, gänzlich im inhaltlich Trüben zu fischen.

Während die Story richtungslos und wirr daherkommt, ist das Artwork Laurent Paturauds zwar von bestechender Klarheit und hohem Realismus, wirkt aber im Großen und Ganzen äußerst hölzern, leblos und kalt; selbst die barbusigen Maiden, die in ihrer symmetrischen Makellosigkeit dem Gehirn eines alten, geilen Möchtegern-Gigolos entsprungen scheinen, der schon lange keine echte Frau mehr gesehen hat, sind – visuell – so anziehend wie ein fleischfarbener Sack voller Reis und wecken ein dementsprechendes Interesse, wenn sie umfallen.
Dem gesamten Artwork fehlt ein inneres Feuer, der Ausdruck von Kreativität, das Spielen mit dem Möglichkeiten des Mediums, so dass man beständig das Gefühl hat, der Künstler male (s)eine Wirklichkeit einfach nur ab. Lediglich in der zum Monochromen beziehungsweise zugedeckten, erdigen Tönen tendierenden Koloration findet sich so etwas wie künstlerisches Sendungsbewusstsein.

Fazit: Eine hölzerne, esoterisch verquaste Umdeutung französischer Geschichte, in der das Voluminöseste die visualisierten Altmännerphantasien sind.