Angelique Corse: Ich kenne deine verdorbenen Gelüste (Buch)

Angelique Corse
Ich kenne deine verdorbenen Gelüste
Blue Panther Books, 2024, Taschenbuch, 178 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Der attraktive Adlige Benjamin musste lange um die Hand der schönen Louise kämpfen, deren Familie für sie gern eine bessere Partie arrangiert hätte, doch die Liebenden konnten sich schließlich durchsetzen. Den Preis, den das junge Paar dafür zu zahlen hat, kann es akzeptieren: haltlose Gerüchte, gesellschaftliche Ächtung, Ablehnung seitens der Angehörigen, ein abgeschiedenes Leben. Benjamin und Louise haben einander, mehr brauchen sie nicht. Oder…?

Trotz ihrer tiefen Gefühle füreinander bildet sich zwischen ihnen eine Mauer aus Geheimnissen, die sie glauben, einander nicht anvertrauen zu können. Schließlich bricht Benjamin sein Schweigen und gesteht Louise, dass er Bedürfnisse verspürt, die er ihr nicht zumuten kann. Damit er zu sich selbst findet, lässt sie ihn ziehen, denn auch auf ihr liegt eine Last, die ihre frühere Leidenschaft hemmt.

Benjamin verlässt seine Heimat und erlebt zahlreiche erotische Abenteuer. Trotzdem er so Manches über sich, das Wesen der Frau und Zwischenmenschliches erfährt, bleibt er hin und her gerissen zwischen seinen sexuellen Wünschen und der Sehnsucht nach Louise, die trotz der Begegnungen mit vielen beeindruckenden Frauen den Platz in seinem Herzen besetzt hält.

Es dauert, bis er nach und nach begreift, dass er nie hätte gehen dürfen, sondern darauf dringen müssen zu erfahren, was Louise bedrückt. Aufgrund seiner falschen Rücksichtnahme erkennt er fast zu spät, dass sie in großer Gefahr schwebt.


Man kann bloß raten, wo und wann die Geschichte von Vielschreiberin Angelique Corse spielt, weil sie keine konkreten historischen Details einbindet. Die Reisen des Helden führen mit dem Schiff und der Kutsche - es gibt noch keine Eisenbahn - in europäische Länder (ausgenommen Deutschland), in den Orient und nach Südostasien. Allerdings hat sich Japan über Jahrhunderte abgeschottet und bot Ausländern kaum die Möglichkeit, sich so frei zu bewegen wie der Protagonist. Die Autorin baut eine Mantel-und-Degen-Atmosphäre auf, in der Duelle der Ehre wegen genauso gang und gäbe sind wie arrangierte Ehen und das Unterbringen von Töchtern in Klöstern. Daher möchte man die Handlung im späten 18. Jahrhundert und das Anwesen von Benjamin und Louise in Deutschland verorten.

Die Reise, um sich auszuleben und zu sich zu finden, liefert den Rahmen für Benjamins erotische Abenteuer. Während er genießt und durchaus Neues lernt, stößt er auf Verständnis und lässt nicht selten gebrochene Herzen zurück.

Obgleich die Affären durch die Eigenarten der Personen und die Location abwechslungsreich scheinen, sind die Frauen im Grunde ihres Wesens einander sehr ähnlich, auch in ihren Bedürfnissen, denn sie erfüllen willig selbst die härteren Wünsche, die an sie herangetragen werden.

Eine wirkliche Weiterentwicklung findet jedoch nicht statt, denn Benjamin liebt Louise, hat ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, möchte zurückkehren, und doch ist er Monate, wenn nicht ein Jahr oder zwei unterwegs, bis er versteht, dass er das eigentliche Rätsel zu Hause lösen muss. Er tritt ehrlich, einfühlsam und aufgeschlossen auf, weshalb man ihn sympathisch findet, aber der Hellste ist er eher nicht. Das spiegelt sich auch in den Dialogen wider, wenn er überrascht wird und lediglich zwei, drei nichtssagende Worte stammelt. Hier hätte die Autorin deutlich nachbessern können.

Man gewinnt den Eindruck, Angelique Corse habe in Eile eine Pflichtarbeit abgeliefert: Der Hintergrund ist mehr zusammengestückelt als recherchiert, die Charaktere agieren für ihre Zeit einerseits zu unkonventionell, andererseits an falscher Stelle gehemmt und begriffsstutzig, infolgedessen ist so manches Problem hausgemacht. Die Ausdrucksweise ist stellenweise nicht zeitgemäß. Selbst die exotischen Kulissen, die wie Pappmaché-Aufsteller wirken und keine Stimmung erzeugen, schaffen kaum echte Abwechslung zum immer gleichen „Rein und Raus“. Bei diesem Thema wäre viel mehr, auch echte Spannung, drin gewesen.

So sortiert man „Ich kenne deine verdorbenen Gelüste“ in den Stapel der mittelprächtigen Erotik-Romane von Angelique Corse ein, denn man findet allerlei zu bemängeln - sie kann es durchaus besser, belegen andere ihrer Titel.