Peter S. Beagle: Ein Tanz für Emilia (Buch)

Peter S. Beagle
Ein Tanz für Emilia
(A Dance for Emilia / The Story of Kao Yu, 2000)
Übersetzumg: Eva Bauche-Eppers
Titelbild: Julia Beutling
Wandler, 2025, Paperback, 116 Seiten, 18,95 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Wenn ein inhabergeführter Verlag wie der engagierte Wandler Verlag einen Autor wie Peter S. Beagle in sein Programm aufnimmt, dann ist das etwas Besonderes. Beagle, der hierzulande vor allem durch seinen verfilmten Roman „Das letzte Einhorn“ bekannt ist, gehört zu den großen, noch lebenden Verfassern anspruchsvoller Phantastik. Seine Werke stehen fernab vom Zeitgeist; er widmet sich meist den leisen Tönen, Gefühlen und Charakteren und weniger der platten Action.

Vorliegend erwarten uns zwei Novellen.

 

In der zweiten berichtet er von einem Richter, der im antiken China auf seinen Reisen durch das Reich Recht spricht. Kao Yu ist so integer, dass ihm bei besonders kniffligen Fällen ein Qilin, ein chinesisches Einhorn, bei der Suche nach der Wahrheit und dem Urteilsspruch behilflich ist. Eines Tages soll er über eine Taschendiebin befinden - und verstrickt sich schließlich tragisch in Gefühle für die Angeklagte…

Uns erwartet eine Erzählung, die ganz im Stil der bekannten Richtergeschichten aus dem alten China gehalten ist. Die Bühne selbst bleibt dabei nebensächlich; der Autor konzentriert sich darauf, die letztlich tragische Geschichte einer Liebe zu erzählen, die nicht sein darf. Das mag ein wenig vorhersehbar wirken, erscheint jedoch im Kontext der Erzähl-Tradition stimmig und unterhält auf eine stille, intensive Weise.


Kommen wir zur titelgebenden Novelle.

Es ist die Geschichte dreier Menschen. Sam und Jacob kennen sich seit ihrer Jugend. Gemeinsam wuchsen sie in New York auf. David folget seiner Muse als mittelmäßiger Schauspieler auf die Bühnen der Weststaaten. Sam hingegen gab seinen Traum, gefeierter Tänzer im Ballett zu werden, auf und schlug sich fortan leidlich als Kritiker durch. Über all die Jahrzehnte riss der Kontakt zwischen den Beiden nie ab.
Sam lebt in einer kleinen Mansarde mit seiner Katze, als er - frisch verliebt in eine viel jüngere Frau namens Emilia - eines Nachts überraschend an einem Herzinfarkt stirbt.
Die Überlebenden - die Katze, David und Emilia - trauern um den Verstorbenen. In Briefen teilen sie ihre Erinnerungen an Sam miteinander. Eines Tages bemerken sie, dass Sams Katze tanzt - wie einst Sam.
Als die Katze schließlich zu sprechen beginnt, wird klar: Sam ist zurück. Doch bei aller Freude über seine Rückkehr merken nach und nach alle Beteiligten, dass die Situation sie nicht weiterbringt. Sams Seele muss weiterziehen, Emilia und Jacob ihr Leben fortsetzen - und vielleicht gibt es ja eines Tages ein Wiedersehen.

Beagle beschäftigt sich in dieser Novelle mit etwas sehr Wichtigem. Weder die Liebe zu einem Menschen noch unerfüllte Träume stehen im Zentrum. Es geht ihm darum zu zeigen, dass Verluste akzeptiert - ja, aktiv angenommen - werden müssen, damit ein gedeihliches Weiterleben für die Zurückgebliebenen möglich ist. Einfühlsam, mit Mitgefühl und, ja, Weisheit macht Beagle deutlich: Das Festhalten an Verstorbenen, das Nicht-loslassen-Können, bremst unser eigenes Leben aus und hindert uns daran, es sinnvoll weiterzuführen. Das heißt nicht, dass man den geliebten Menschen nicht wertschätzen oder sich nicht an gemeinsame Erlebnisse erinnern soll - aber letztlich muss das Leben weitergehen. Und das gelingt nur, wenn man den, der nicht mehr Teil unseres Lebens ist, loslässt.
Insofern ist dies eine wichtige Lektion – verpackt in eine leise, einfühlsam erzählte Geschichte, die berührt, betroffen macht und dennoch Hoffnung schenkt.