Greenland, Colin: Sternendieb (Buch)

Colin Greenland
Sternendieb
(Take Back Plenty – Tabitha Jute 1)
Aus dem Englischen übersetzt von Marianne und P. H. Lickens
Titelillustration von Hilden Design
Blanvalet, 2010, Taschenbuch, , 636 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-442-26668-5

Von Carsten Kuhr

Tabea Jute ist eine hemdsärmliche Raumfahrerin, die mit ihrem eigenen, naturgemäß ein wenig heruntergekommenen Frachter, der Alice Liddeli, ihren Lebensunterhalt im heimischen Sonnensystem verdient. Mitten im Karneval soll sie auf Schiaparelli ihren neuen Auftraggeber kontaktieren. Dass sie aufgrund einer fehlerhaften Achsenstabilisatorsquartz, die es jetzt auch noch irgendwie zu ersetzen gilt, spät dran ist, macht ihr zusätzlich Druck. Als sie dann von den kleingewachsenen Kecks bedrängt und aufgehalten wird, dreht sie durch. Sie schnappt sich den Anführer der Bande und schmeißt ihn hochkant in den Kanal. Fehler, groß geschrieben.

Kaum verhaftet, wird sie einer frustrierten Haftrichterin vorgeführt, mit der sie sich dann auch noch anlegt – nächster Mega-Fehler, denn jetzt braucht sie statt der erwarteten Strafe von 50 gleich 250 Skutari, ansonsten ist sie ihre geliebte Alice los.
Die Rettung naht in Form eines Musikers, Marco Metz sein Name. Dass dieser auch noch ganz ansehnlich aussieht, und im Bett seinen Mann zu stehen weiß, gibt es als Bonus dazu. Eigentlich hörte sich alles ganz toll an. Kurz mal einige Waren zur großen Raumstation bringen, und schon lösen sich ihre Sorgen in Luft auf.
Habe ich das Wort Fehler schon einmal benutzt? FEHLER, mega-ultra Fehler – denn hinter Marco sind jede Menge finstere Gestalten her. Und die Jagd auf die Alice und ihre Passagiere hat gerade einmal begonnen …

Was ist das für ein voluminöses Taschenbuch, das da auf meinem »zu lesen Stapel« auf mich gewartet hat?
Als Space Opera ins Rennen geschickt, erwartet den Leser eine muntere Ansammlung aberwitziger Gestalten und jeder Menge Action. Dabei rast die Handlung von einem Kapitel zum nächsten, in dem unsere Protagonisten ihr Haupt dann erneut am eigenen Haar aus dem Sumpf ziehen müssen.
Mit hineingepackt hat Greenland jede Menge faszinierend ungewöhnliche Aliens und eine Hauptperson, die dem Buch ihren Stempel aufdrückt. Selten habe ich eine solch realistätsnahe Darstellung einer Raumfahrerin gelesen. Als geborene Lunanerin ist ihr ihre Herkunft eigentlich herzlich egal. Tabea ist unbeherrscht, besäuft sich, leidet unter dem zwangsläufigen Kater, kotzt und vögelt wie wild, und ist, na nennen wir es einmal direkt und schroff. Gleichzeitig offenbart sie gerade im Umgang mit ihrem Schiff Alice, dem sie immer wieder Geschichten aus der Vergangenheit erzählt, einen sehr einfühlsamen, liebevollen Wesenszug.
Das atmet Realität und macht sie uns als Person sympathisch.
Die Menschen des Sonnensystems sind seit dem Eintreffen und der Kolonisation der Planeten durch die technologisch überlegenen Aliens eher ins zweite Glied zurückgetreten. So passt die burschikose Frachterkapitänin zunächst einmal gut ins Bild.

Neben der beeindruckend liebevoll gezeichneten Hauptperson sind es die Schilderungen der Aliens und ihrer Kulturen, die dem Buch seine Würze verleihen. Das erinnert ein wenig an die guten Romane aus der Feder eines Robert Heinlein, das ist intelligent und spritzig erzählt, verwöhnt den Leser mit einer Hauptperson, die ungewöhnlich lebensecht beschrieben wird und einer abwechslungsreichen Handlung – mehr davon, bitte.