Kai Meyer: Drache und Diamant – Wolkenvolk 3 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 23. April 2011 10:28
Kai Meyer
Drache und Diamant
Wolkenvolk 3
Titelillustration von Guo Jian
Piper, 2011, Taschenbuch, 414 Seiten, 9.95 EUR, ISBN 978-3-492-26731-1
Von Carsten Kuhr
Die Welt selbst ist in Gefahr. Der Plan des Aethers, des sich selbst bewusst gewordenen Atems der Drachen, sich zum Herrscher der Welt aufzuschwingen, diese zu vernichten um sie dann nach den eigenen Vorstellungen neu zu schaffen ist weit gediehen.
Die Verbündeten der Aethers greifen die Ruhestätte des Weltenschöpfers Pangu an, die Drachen und ihre Verbündeten, die steinernen Riesen und die Geheimen Händler mit ihren Luftschiffen, werden förmlich überrannt. Selbst der aufopfernde Kampf der letzten Drachen kann nicht verhindern, dass der Aether ins diamantene Herz Pangus fährt und den in Äonen zum Gebirge mutierten Weltenschöpfer wieder zum Leben erweckt. Alles scheint verloren, die Wolkeninsel und ihre Bewohner stranden in der Wüste und auch Niccolo vom Wolkenvolk und Nugua, die Freundin der Drachen, sind inmitten des lebendig werdenden Weltenschöpfers vom Untergang bedroht. Die von ihren Göttern verlassene Welt ist dem Untergang geweiht, nichts kann der Aether mehr aufhalten, nichts außer vielleicht Liebe und Opferbereitschaft...
Das große Finale der „Wolkenvolk“ Trilogie hält für den Leser noch einmal alles an faszinierenden Begebenheiten, Gestalten und phantastischen Schöpfungen bereit, was die überbrodelnde Phantasie Meyers aus seinem scheinbar nie versiegenden Fundus zu kreieren weiß. Die dramatischen Ereignisse nähern sich dabei rasant ihrem Höhepunkt an. Es gilt Schlachten zu schlagen, überragende Schwertkämpfer durcheilen mit ihrem Federflug die Lüfte, das Tao selbst wird gegen die übermächtigen Gegner eingesetzt, Seidenbahnen entpuppen sich als tödliche, messerscharfe Waffen, Riesenkraniche und scheinbar schwerelose; gigantische Papierschiffe durcheilen zusammen mit den Drachen den Himmel und ein Gebirge erwacht zum Leben. Das ist, noch dazu in dieser Kombination, neu und überraschend, das alleine wäre schon das Salair für das Buch wert, denn Langeweile kommt definitiv nicht auf. Einmal mehr verzückt die Handlung den Leser, staunt man ob des Phantasiereichtums des Autors.
Darüberhinaus aber hat Kai Meyer seinem Werk eine zweite Ebene beigefügt. Wichtiger als all die spannend und temporeich geschilderten Kämpfe, als all die dramatischen Ereignisse, der Verrat und der drohende Untergang ist dem Autor, uns von Werten wie Verantwortung, Opferbereitschaft und Liebe zu berichten. Geschickt verpackt Meyer seine Botschaft in die actionbetonte Handlung. Seine Personen müssen sich mit Verlusten abgeben, sinnieren in den ruhigeren Passagen der Handlung über den Sinn ihres Lebens nach, müssen schwierige Entscheidungen treffen. Dabei machen sie Fehler, gehen zu gerne den scheinbar leichteren Weg, nur um dann schmerzhaft erkennen zu müssen, dass eben dieser sie nicht zum gewünschten Ziel führt, dass das Leben Opfer von fordert. Dieser Prozess der Bewusstwerdung, des Verlusts, der Übernahme von Verantwortung, unterfüttert den Plot wie ein tragendes Gerüst. Was auf den ersten Blick wie ein auf Papier gebannter, phantastischer Kung-Fu-Film wirkt, das entfaltet immer mehr Charakter, das führt den Leser und bereichert ihn.