Der tönerne Thron 2: Die Brücke von Montereau (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 18. April 2011 20:08

Der tönerne Thron 2
Die Brücke von Montereau
(Le Trône D'Argile: Le Pont de Montreau)
Text: Nicolas Jarry & France Richemond
Zeichnungen: Theo Caneschi
Farben: Lorenzo Pieri
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2011, Hardcover, 48 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-187-0
Von Frank Drehmel
Wir befinden ums im letzten Kapitel des sogenannten Hundertjährigen Krieges: die politische sowie militärische Lage im Frankreich des Jahres 1418 im Allgemeinen und in Paris im Besonderen wird zunehmend komplizierter.
Dem jungen Thronfolger von Frankreich, Charles, seinem väterlichen Freund und Mentor Tanneguy du Châtel sowie einer Handvoll Getreuer gelingt die Flucht aus dem von den Burgundern besetzten Paris. Ihre Reise führt die kleine Schar zunächst in die Stadt Bourges, wo Yolande, Herzogin von Anjou, Königin von Neapel-Sizilien, Mutter der Verlobten des Dauphins, residiert. Obgleich Charles seine Braut in den Händen der Burgunder zurücklassen musste, hoffen die Gefolgsleute der Armagnacs, in der königstreuen Yolande eine Verbündete zu finden. Und in der Tat erweist sich die Frau als umsichtige Herrscherin, die dem jungen Thronfolger die Gefangennahme der eigenen Tochter nicht nur nicht verübelt, sondern den Prinzen nach besten Kräften vor allem moralischen Rückhalt bietet. Dieses ist umso nötiger, als der Junge noch nicht bereit ist, nach der Königskrone Frankreichs zu greifen, sondern statt mit Feinden vor allem mit Selbstzweifeln ringt.
In Paris droht unterdessen dem Herzog von Burgund – Jean sans Peur – und der aus ihrem Exil zurückgekehrten Königsgattin und Mutter Charles' – Isabeau de Bavière – die Kontrolle über die eroberte Stadt und über Capeluche – den Henker von Paris – und den von ihm angeführten Mob aus den Händen zu gleiten. Marodierend ziehen die Söldner durch die Straßen und ermorden jeden – selbst Frauen und Kinder –, den sie für einen Anhänger der Armagnacs halten. Doch es sind nicht diese Vorkommnisse, die den neuen Regenten Paris' dazu bewegen, einen Gesandten mit einem Friedensangebot zu Charles zu schicken: es ist die militärische Lage der Festungsstadt Rouen, die mit Einbruch des Winters unter der Belagerung durch die Truppen Henry V., des Königs von England, mit unabsehbaren Folgen für ganz Frankreich zu fallen droht.
In „Die Brücke von Montereau“ findet Jarrys und Richemonds erzählerischer Ausflug in eine Zeit, die zumindest in Deutschland auf den Geschichtslehrplänen der Kultusministerien allenfalls als Randbemerkung Erwähnung findet, ihre muntere Fortsetzung. Zwar bedeutet „munter“ diesmal „etwas weniger munter als im ersten Album, da die politische Konstellation zu komplex ist, als dass man sich ihr alleine durch actionreiche Gewaltorgien nähern kann, sondern stattdessen einen großen Teil der Story mehr noch als in Band 1 über Dialoge transportieren muss – jedenfalls dann, wenn man Authentizität zum bestimmenden Maßstab erhoben hat –, nichtsdestotrotz ist die Geschichte zu keinem Zeitpunkt langweilig oder langatmig.
Wiederum ist es Theos und Pieris Artwork, welches maßgeblich die Spannung befördert, da es nicht nur sämtlichen Protagonisten individuelle Züge verleiht, sondern auch sowohl kompositorisch mit dynamischen Perspektiven und Bildfolgen aufwartet als auch in der Farbgebung einen Mut zu kräftigen Farben und Eyecatchern aufweist.
Fazit: Ein Comic, das durch aus seinen Platz im Geschichtsunterricht einer gymnasialen Mittelstufe finden könnte und das dennoch spannend erzählt und visualisiert ist? Jo!