Angelus 1: Klarheit (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 17. April 2011 08:51
Ron Marz
Angelus 1
Klarheit
(Angelus 1 – 6: Illumination, Part 1 – 6, 2009/2010)
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein
Titelillustration und Zeichnungen von Stjepan Sejic
Panini, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 132 Seiten, 16,95 EUR
Von Irene Salzmann
Nach dem „Krieg der Witchblades“ ist die Polizistin Sara Pezzini wieder die alleinige Trägerin jener Kraft, die als Ausgleich zwischen Darkness alias Jackie Estacado und Angelus alias Danielle Baptiste steht. Nachdem die Angelus-Kraft Dani erwählte, zieht die junge Frau zusammen mit ihrer Freundin Finch zurück nach New Orleans, ihre Heimatstadt. Dort, so hofft sie, wird sie zu sich selbst und den Weg zu finden, der ihr vorbestimmt ist.
Dani weiß nicht, dass Sabine, eine Angelus-Kriegerin, gehofft hatte, ihre Position einnehmen zu dürfen und bitter enttäuscht wurde. Zwar greift sie mit den Heerscharen ein, wenn sich die neue Angelus in großer Gefahr befindet, aber die Rettung kommt immer erst im letzten Moment, und ihr haftet etwas ... Unaufrichtiges an. Dani hat ein seltsames Gefühl, dass sie sich nicht erklären kann, aber sie ist ohnehin anders als ihre Vorgängerinnen, denn sie kontrolliert die Angelus-Kraft und nicht umgekehrt.
Das ist etwas, was Jackie Erstacado kaum glauben kann, darum sucht er Dani auf und zwingt sie zu einem Kampf, der mit einem Patt endet. Unterdessen gelangt Sabine in den Besitz des Rads der Schatten und setzt ihre neue Macht gegen Finch ein, die rapide zu altern beginnt. Obwohl sie noch vom Kampf gegen Darkness gezeichnet ist, lässt sich Dani auf ein Duell mit Sabine ein. Der Einsatz sind die Angelus-Kraft, ihr und Finchs Leben...
Das Paperback „Angelus: Klarheit“ präsentiert die komplette sechsteilige Miniserie gleichen Namens, eine Side-Story aus dem „Witchblade“- beziehungsweise „Darkness“-Universum. Im Mittelpunkt der Handlung steht Danielle Baptiste, die sich vorübergehend die Kraft der Witchblade mit Sara Pezzini teilte und danach die neue Angelus wurde, sehr zum Verdruss der ehrgeizigen Sabine, die selbst auf diese Position hoffte. Am Schlimmsten trifft sie und ihre Anhänger, dass Dani anders als ihre Vorgängerinnen ist und ihr Denken nicht ausschließlich um die Vernichtung von Darkness kreist, dass sie von ihrer neuen Macht nicht korrumpiert wurde, sondern sie beherrscht. List, Verrat und ein Kampf um Leben und Tod sind die Folge.
In diese actionreiche Handlung eingebettet ist die weitere Entwicklung der Hauptfigur. Dani weiß nicht, was von ihr – als Angelus und als Mensch – erwartet wird und was sie selber will. Das Wiedersehen mit ihrem konservativem Vater, einem Privatdetektiv, ist wenig hilfreich, und auch Finch hat Wünsche, die Dani verunsichern: Die Freundin hat sich als bi geoutet, aber Dani war bisher nur mit Männern zusammen. Sie mag Finch, aber ist auch Liebe im Spiel, genug Liebe für mehr? Finch kommt Sabine in die Quere und lernt die Macht des Rads der Schatten kennen.
Man nimmt nichts vorweg, verrät man, dass es letztlich ein Happy End gibt, denn dass Ron Marz und Stjephan Sejic ihre Lieblingsfiguren in einer Mini-Serie umbringen, ist äußerst unwahrscheinlich. Stattdessen werfen die Geschehnisse die Frage auf, welche Folgen all das für Finch haben wird und ob ihre Beziehung zu Dani langfristig neu definieren wird.
Kennt man Stjepan Sejics „Witchblade“, weiß man, was einen in „Angelus“ erwartet: fotorealistisch anmutende Illustrationen, viele schöne Frauen, Action und Phantastik – aber den ansprechenden Bildern merkt man leider auch die Grenzen der Bildbearbeitungsprogramme an. Die Gesichter ähneln einander, die Proportionen und Perspektiven stimmen nicht immer, die Konturen verwischen. Von daher sind die Abbildungen wahrlich Geschmackssache, zumal die kleinen Panels an die aufwändigen Pin-ups nicht heranreichen. Michael Turner, Marc Silvestri und andere Top-Zeichner, die sich der hier agierenden Figuren in ihren jeweiligen Serien annahmen und noch überwiegend ‚auf Papier zeichnen’, waren/sind doch ganz andere Kaliber, deren Werke eine ganz andere Ausstrahlung besitzen, die man bei den PC-Bildern einfach vermisst.
Alles in allem ist „Angelus: Klarheit“ jedoch ein toller Comic-Band, der gefällt, weil er ein relativ abgeschlossenes Abenteuer bietet, das gelungen umgesetzt wurde, egal wie man zu PC-Grafiken steht. Die sich entwickelnden Charaktere sind sympathisch und geheimnisvoll. Diesmal tragen sie auch eine dicke Portion Homo-Erotik in die Story, die vor allem Männer-Phantasien bedient.
Sammler werden auf den Titel nicht verzichten wollen, und Neuleser finden sich schnell zurecht, kommen dadurch vielleicht sogar auf den Geschmack und wollen die Hauptreihen testen. Von daher möchte man das Paperback allen Genre-Fans empfehlen!