Alfred Wallon: Salzburger Albträume (Buch)

Alfred Wallon
Salzburger Albträume
H. P. Lovecrafts Schriften des Grauens 18
Titelbild: Mario Heyer
Blitz, 2020, Taschenbuch, 128 Seiten, 12,95 EUR

Rezension von Elmar Huber

Salzburg, 1957: Der junge Zeitungsredakteurs Andreas Schachner hat sich durch einen kritischen Artikel nicht gerade viele Freunde in der Stadtregierung gemacht. So ist er zunächst einmal freigestellt, als der Buchhändler Johann Gruber auf ihn zukommt und um ein geheimes Treffen bittet.

Der ältere Mann spinnt ein unglaubhaftes Garn über unterirdische Höhlen zwischen dem nahen Untersberg - von den Nazis als Kraftort mystifiziert - und dem Obersalzberg, auf dem Adolf Hitler seine Residenz „Berghof“ und das „Kehlsteinhaus“ errichten ließ. Und von Legenden, die weit älter sind als die von Karl dem Großen, der im Untersberg auf seine Auferstehung wartet.

Zunächst tut Schachner das Gerede als wirre Phantasien eines alten Mannes ab. Als der Buchhändler jedoch ermordet wird, ist sein journalistisches Interesse geweckt. Er bekommt Grubers Aufzeichnungen in die Hände, die mit merkwürdigen Notizen und Anmerkungen versehen sind, unter anderem die Korrespondenz mit einem Professor Phillips von der Miskatonic-Universität in Amerika, die eine gewisse Dringlichkeit nahelegen.

Auf schmerzhafte Weise muss Schachner erfahren, dass es sich bei Grubers Theorien nicht um die Hirngespinste eines Verrückten handelt. Er wird auf seiner Arbeit kaltgestellt und erhält den dringenden Rat, Salzburg zu verlassen; oberen Rängen im Salzburger Behördenapparat ist nicht an der Aufdeckung der Wahrheit gelegen.

Angst und Verzweiflung treiben den Reporter in die Kirche St. Peter, wo er in Pater Ludwig Roderer jemanden findet, der die Legenden ebenfalls kennt und der sich schließlich mit Schachner zusammentut, um dem Rätsel des Obersalzbergs auf den Grund zu gehen.


Man darf Alfred Wallon getrost als absoluten Profi bezeichnen, hat er doch rund 200 Romanhefte, vor allem im Western-, aber auch im Krimi-, Grusel- und Abenteuer-Bereich, verfasst. Seit den 2000ern ist der Autor eher im Buchbereich aktiv und hat ein festes Standbein im BLITZ-Verlag. Lovecraft’sche Gefilde sind bislang zwar untypisch für Wallon, doch „Salzburger Albträume“ präsentiert sich durchaus solide, und man kann aus dem Roman die Begeisterung für die Mozartstadt - inklusive eingehender Recherche - herauslesen, auf die der Autor im Nachwort eingeht.

Präsentiert wird das typische Szenario eines unbedarften Protagonisten, der mehr oder weniger zufällig auf mysteriöse Vorgänge aufmerksam (gemacht) wird. Bestimmte Umstände wecken dann den eigenen Forschungsdrang, der letztlich auf den Weg ins Verderben führt.

Was die Verwendung bekannter Lovecraft-Versatzstücke angeht, beschränkt sich Alfred Wallon auf Allgemeinplätze und Namedropping. Das „Necronomicon“ wird erwähnt, ebenso die Miskatonic-Universität, ohne dass diese tatsächlich Einfluss auf die Handlung haben. Von weitverzweigten unterirdischen Höhlensystemen, in denen sich Kultisten tummeln, hat man auch schon hier und da gelesen.

Die Verlagerung des Geschehens nach Salzburg und die - wenn auch oberflächliche - Verbindung mit Nazi-Esoterik verleihen dem Roman dagegen einen willkommenen individuellen Charakter. Zusätzlich baut Wallon von Beginn an ein Paranoia-Element ein, denn es wird schnell deutlich, dass Politik, Exekutive und sogar der Klerus von schattenhaften Mächten unterwandert sind, sodass Andreas Schachner bald mit dem Rücken zur Wand steht.

„Salzburger Albträume“ ist ein bodenständiges Lovecraft-Pastiche, der sich allseits bekannter Komponenten bedient, diese aber mit eigenständigen Elementen bereichert und einfach souverän unterhält.