Nils Westerboer: Lyneham (Buch)

Nils Westerboer
Lyneham
Hobbit Presse, 2025, Paperback, 496 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Nils Westerboer ist deutschen Science-Fiction Lesern sicherlich schon durch seine früheren Werke „Kernschatten“ und „Athos 2643“ bekannt geworden. Nun legt er mit „Lyneham“ einen weiteren ungewöhnlichen Roman vor, der die Menschheit draußen im All vor neue Herausforderungen stellt.


Henry Meadows muss zusammen mit seinem Vater und den Geschwistern die Erde verlassen, weil diese stirbt. Sie finden wie viele andere Zuflucht auf Perm, einem urzeitlichen Mond in einem fremden Sonnensystem. Dort warten sie auf die Mutter, die auf einem anderen Schiff reiste.

Das Leben ist ungewohnt, denn die Welt konnte immer noch nicht so umgewandelt werden, dass Menschen ohne Probleme auf ihr zurechtkommen. Doch dann entdeckt Henry Zeichen und Hinweise, die ihn zum Grübeln bringen. Kann es sein, dass seine Mutter schon lange vor ihm und den anderen auf Perm gewesen ist?


Der Leser weiß natürlich Bescheid, denn der Roman wird in zwei Ebenen erzählt. In der einen dürfen sie aus Henrys Sicht die Ankunft auf dem Mond mit all seinen Seltsamkeiten und Geheimnissen miterleben, den Schwierigkeiten, die die Menschen untereinander haben, weil sie bestimmte Gewohnheiten noch nicht ablegen konnten und die Gefahren, denen die Erdlinge durch die fremde Welt ausgesetzt sind.

Die andere Zeitebene besteht aus den Aufzeichnungen der Mutter, die als Exobiologin zusammen mit einem Team dank eines fortschrittlichen Antriebs in die ferne Vergangenheit gereist ist, um die Ankunft der anderen vorzubereiten. Es zeigt sich, dass das Vorhaben nicht ganz so einfach ist, wie gedacht.

Und das ist auch das Besondere an dem Roman, konzentriert sich der Autor doch auf die Darstellung des Ökosystems einer fremden Welt, das für Menschen nur sehr schwer zu erfassen und begreifen ist. Der Autor nimmt sich deshalb sehr viel Zeit, die Forscherin bei ihren Betrachtungen und Rückschlüssen zu begleiten, die nach und nach immer mehr Auswirkungen auf Henry und seine Familie haben.

Das Ganze wird ruhig und eindringlich erzählt. Und auch wenn es punktuell Konfrontationen untereinander und mit der Natur der fremden Welt gibt, so kann man doch - wenn man sich darauf einlässt - nach und nach immer mehr von den faszinierenden Gedankengängen nachvollziehen, genauso wie die Entscheidungen, die die Menschen am Ende treffen müssen, um auf Perm bleiben zu können.

„Lyneham“ mag auf den ersten Blick so wirken wie jeder andere Roman, in dem die Menschheit eine neue Welt für sich erobert. Allerdings wird sehr schnell klar, dass das besondere Öko-System des Mondes andere Forderungen stellt - und diese zu verstehen, das ist das Anliegen der faszinierenden Geschichte, die den wahren Geist der Science Fiction atmet, weil es eben kein typisches Abenteuer ist.