Alexander Pechmann: Die Insel des kleinen Gottes (Buch)

Alexander Pechmann
Die Insel des kleinen Gottes
Steidl, 2024, Hardcover, 208 Seiten, 24,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Es mag vielleicht daran liegen, dass der Wiener Autor Alexander Pechmann viele Bücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert übersetzt und editiert hat, dass er auch bei seinen eigenen Geschichten gerne in diese Zeit zurückgeht und historische Begebenheiten mit seiner eigenen Phantasie verbindet. So wie in „Die Insel des kleinen Gottes“.


David van Roon ist Kartograph und arbeitet im Jahr 1738 auf einer Insel nahe Rhode Island an einer Karte, als er an Weihnachten eines Schiffsunglücks ansichtig wird und mit anderen Männern auszieht, um zu retten, was zu retten ist. Aber das Ganze wird zu einem Fehlschlag und seine Erinnerung an diesen Tag ist und bleibt lückenhaft.

Erst ein Jahr später wagt er sich auf die Insel zurück und sucht das Gespräch mit den beiden Überlebenden der Havarie. Während die eine ihn zurückweist, erzählt die als Hexe verschriene Kate alle Einzelheiten ihrer Reise und triggert seine Erinnerung.


Natürlich wird es dabei auch phantastisch, denn die anderen Bewohner der Insel berichten von einem Geisterschiff, das ein Jahr nach dem Unglück als brennendes Fanal ihre Küste heimsucht. Ist das wirklich nur Aberglaube? David van Roon zweifelt lange selbst, macht dann aber Erfahrungen, die es in sich haben.

Der Schwerpunkt der Geschichte aber liegt auf den Erzählungen der Überlebenden, die sogar noch weitergeht und ihm berichtet, was sie auf der gesamten Überfahrt erlebt hat, angeleitet durch das Legen von Tarot-Karten, die dem Geschehen zusätzlich eine mystische Atmosphäre verleihen.

Der eher nüchterne Tatsachenbericht ist das Herzstück des Buches, denn der Autor erzählt auf anschauliche Weise, was Auswanderer aus Europa in der Mitte des 18. Jahrhunderts erdulden mussten. Neben den Missständen auf der Reise, dem Eingepferchtsein im Bauch des Schiffes, kommen schnell auch noch die Machenschaften der Vermittler, Reeder und manchmal auch der Kapitäne dazu.

Gerade weil er nahe bei der gut recherchierten Wirklichkeit bleibt und dabei auch noch eine sehr interessante Perspektive wählt, bleiben die Schilderungen auch noch lange im Gedächtnis, genauso wie das Ende, das spannend die Ereignisse um die Rettung beleuchtet und dadurch auch dem Motiv des Kartographen, alles zu erfahren, was er vergessen hat, Rechnung trägt.

Der Stil des Autors ist lebendig aber nüchtern, denn er verzichtet auf Übertreibungen und Modernismen, so dass man sich atmosphärisch in dieses Szenario versetzt fühlt. Die phantastischen Elemente bleiben eher gering, die historischen Fakten überwiegen.

„Die Insel des kleinen Gottes“ ist ein kleiner, aber feiner Historischer Roman, der mit einem Hauch Mystik von Ereignissen erzählt, die heute in der großen Geschichte gerne vergessen werden, aber die Gründung der Vereinigten Staaten und die Einwanderer maßgeblich prägten. Das gut recherchierte Buch ist jedenfalls einen Blick wert, wenn man sich dafür interessiert.