Angor 1: Flucht (Comic)

Angor 1
Flucht
(Angor: Fugue)
Text: Jean-Charles Gaudin
Zeichnungen: Dimitri Armand
Farben: Dimitri Armand und Ariatib
Übersetzung: Monja Reichert
Lettering: Dominik Madecki
Splitter, 2010, Hardcover, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-163-4

Von Irene Salzmann

Tallin, Evrane und Lorky leben in einem kleinen Dorf im Königsreich Angor. Die Gesellschaft ist in ein strenges Kasten-System gegliedert, das für jeden die Zukunft bestimmt. Vergeblich lehnen sich die drei dagegen auf. Keiner von ihnen möchte sein Leben als Bauer fristen und mit einem von den Eltern ausgewählten Partner verheiratet werden. Viel lieber würden die Jugendlichen als Krieger Ruhm und Gold erlangen.

Unerwartet ergibt sich eine Chance: Tallin beobachtet zwei unbekannte Reiter, die in Streit geraten. Einer wird erstochen, und als Tallin ihn aus dem Wasser zu ziehen versucht, wird er von dem zweiten angegriffen. Zum Glück ist Evrane zur Stelle und tötet den Mann. Die beiden nehmen sich die Pferde und verlassen zusammen mit Lorky heimlich das Dorf.

Im Besitz eines der Männer hatte sich ein seltsames Medaillon befunden, an dem sich Lorky verletzt. Zum Entsetzen seiner Freunde bricht er fiebernd zusammen, und sein Gesicht durchläuft zahlreiche Veränderungen, bis er wieder zu sich kommt. In der nächsten Stadt stellt Tallin Nachforschungen über das Schmuckstück an, doch bevor er Näheres in Erfahrungen bringen kann, tauchen Wachen auf, die offenbar nach ihm und seinen Gefährten suchen...

„Angor“ beginnt als ‚Milieu-Studie‘: Der Leser lernt die Welt der drei Hauptfiguren Tallin, Lorky und Evrane kennen, die genausowenig wie ihre Angehörigen oder andere Jugendliche eine Wahl haben, die Gestaltung ihres Lebens betreffend, denn die Zukunft ist ihnen vorbestimmt. Zwar bemühen sie sich, ihr Schicksal zu ändern, doch alle Hoffnungen werden letztlich zerschlagen. Darum beschließen sie, das Dorf hinter sich zu lassen und ihr Glück in der Ferne zu suchen. Angeblich gibt es andere Reiche, in denen Wissen und Können wichtiger ist als die Herkunft. Sie ahnen jedoch nicht, worauf sie sich eingelassen haben, denn die beiden Toten sind für die Wachen Grund genug, die Verfolgung der vermeintlichen Mörder aufzunehmen – und sie stöbern Evrane, Tallin und Lorky sehr schnell auf. Das Medaillon sorgt für eine Überraschung und wirft erwartungsgemäß gleichzeitig neue Fragen auf. Antworten wird es jedoch frühestens im nächsten Band geben, auf den man nun voller Spannung wartet: Können die Jugendlichen ihre Verfolger abschütteln? Wer ist ihr neuer Freund – falls er ein Freund ist? Woher stammt das Medaillon, und über welche Magie verfügt es?

An erster Stelle rangiert das Abenteuer. Obwohl mit Evrane ein Mädchen dabei ist und eine Dreiecksbeziehung denkbar scheint, wurde auf romantische Verwicklungen verzichtet. Die drei sind Kameraden und scheinen dies, trotz gewisser Veränderungen, zunächst auch zu bleiben. Die Magie spielt für die Handlung eine bedeutende Rolle, doch wird sie im Moment moderat und nicht als Allheilmittel eingesetzt.

Die Illustrationen sind etwas comichaft, aber detailreich und insgesamt sehr ansprechend. Die Panels wurden stimmungsvoll koloriert. Das Cover ist repräsentativ für den Inhalt.

Der erste Band der Fantasy-Serie „Angor“ bietet einen gelungenen Auftakt: Vor dem Leser entfaltet sich eine phantastische, abenteuerliche Welt, die jungen Protagonisten sind sympathisch und werden sehr individuell beschrieben, sie stoßen schon bald auf ein Geheimnis und gefährliche Gegenspieler. Die Handlung wird bestens von den gefälligen Zeichnungen transportiert. In der Summe weckt das große Erwartungen für die kommenden Bände.