Evie Woods: Der verschwundene Buchladen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 19. November 2024 11:01
Evie Woods
Der verschwundene Buchladen
(The Lost Bookshop, 2023)
Übersetzung: Ivonne Senn
Adrian & Wimmelbuchverlag, 2024, Paperback, 464 Seiten, 14,95 EUR
Rezension von Christel Scheja
Evie Woods ist das Pseudonym der irischen Autorin Evie Gaughan, die an der Westküste der Insel lebt und vor dem stürmischen Wetter gerne in ihre Phantasie flieht. Deshalb bewegen sich Geschichten wie „Der verschwundene Buchladen“ gerne irgendwo zwischen Fakt und Fiktion, Magie, Märchen und Realismus.
Um dem Schicksal zu entfliehen, das ihr Bruder für sie vorgesehen hat, geht Opaline Anfang der 1920er Jahre schon bald eigene Wege und folgt ihrer Leidenschaft für Bücher, vor allem denen, die Erstausgaben oder verschollene Manuskripte sind. Sie wird zu einer bekannten Buchhändlerin.
Viele Jahrzehnte später treffen Henry und Martha aufeinander, die das Gefühl hatten, in ihrem bisherigen Leben nur Nebenfiguren zu sein. Sie machen sich auf Spurensuche nach einem verschwundenen Buchladen und dem, was Opaline ihnen hinterlassen haben könnte.
Die Geschichte wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt, die alle nach und nach zusammengeführt werden, weil die drei Protagonisten eines gemeinsam haben: die Leidenschaft für alte Bücher und ganz besondere Klassiker. Dabei ist die Geschichte von Opaline besonders bewegend, denn diese schafft es immerhin für ein paar Jahre, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und sogar eine gewisse Bekanntheit zu erlangen, bis sie die Vergangenheit einholt und grausam in ihre Schranken verweist.
Henry und Martha sind eher zwei Personen, die von einer inneren Unruhe getrieben werden, die sie leider nicht ganz verstehen, bis die Spurensuche sie nicht nur zusammenbringt, sondern auch auf interessante Geheimnisse stoßen lässt.
Das wird sehr verspielt und verträumt erzählt, wirkt irgendwie aus der Zeit gerissen und lässt sich deshalb auch nicht ganz in ein bestimmtes Jahr verorten. Allerdings ist der phantastische Anteil sehr gering, man kann fast schon sagen, nicht vorhanden. Auch muss man schon offen für eher ruhige und besinnliche Geschichten sein, in denen die Liebe für das Detail und bestimmte Dinge wie Bücher im Mittelpunkt stehen. Daher bleiben die Figuren auch eher blass und distanziert, einzig bei Opaline erwacht Mitgefühl, erinnert ihr Schicksal sehr an die Verbrechen, die man in Irland immer noch gerne unter den Tisch kehrt.
Alles in allem ist der Roman eine interessante Erfahrung, erfordert aber auch viel Geduld und den Willen, sich mit den Kapiteln zu beschäftigen, die am Ende die Handlungsfäden tatsächlich glaubwürdig ineinanderfügen.
„Der verschwundene Buchladen“ hat eine interessante Prämisse, ist aber nicht wirklich Urban Fantasy, sondern eher ein Roman, der sich mit der Geschichte und den persönlichen Wünschen dreier Personen beschäftigt, die sich durch das ruhige Abenteuer eher selbst finden als einen Ort voller besonderer Magie.