Sheridan Le Fanu: Carmilla - Der weibliche Vampir (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 04. November 2024 20:23
Sheridan Le Fanu
Carmilla - Der weibliche Vampir
(Carmilla, 1872)
Übersetzung: Elke Schönfeld
Hobbit Presse, 2024, Hardcover, 144 Seiten, 20,00 EUR
Rezension von Christel Scheja
Auch vor Bram Stokers „Dracula“ gab es bereits Vampir-Romane, die aber nicht die Bekanntheit der Geschichte um den rumänischen Fürsten erlangten. Vielleicht auch, weil sie viel stiller und harmloser daherkommen, wie Sheridan Le Fanus Schauer-Novelle „Carmilla“ aus dem Jahr 1872. Die Hobbit Presse präsentiert das Buch noch einmal in einer hübsch gestalteten Schmuckausgabe.
Laura und ihr Vater leben zusammen mit nur wenig Personal auf einem abgelegenen österreichischen Wohnsitz. Das junge Mädchen hat kaum Kontakt zu Gleichaltrigen, daher scheint es eine gute Gelegenheit zu sein, eine junge Frau aufzunehmen.
Carmilla wurde bei einem Kutschenunfall verletzt und wird zu einer netten Gefährtin für Laura. Allerdings merkt das Mädchen schon bald, dass etwas mit ihrer neuen Freundin nicht stimmt… und vor allem auch ihre Ängste aus der Kindheit kommen zurück.
Wie viele Geschichten der Schauer-Romantik kommt auch Sheridan Le Fanus Novelle erst einmal sehr ruhig und beschaulich daher, das Grauen bleibt eher im Hintergrund, während man Laura und ihre Lebensumstände genauer kennenlernt, aber auch deren Ängste, die darauf hindeuten, dass sie davon irgendwann eingeholt wird.
Mit Carmilla scheint das Leben in das einsame Anwesen zurückzukehren, die beiden jungen Frauen werden zu guten Freundinnen, es entwickelt sich sogar eine knisternde intime Spannung zwischen ihnen, ohne dass es zu entsprechenden Handlungen kommt. Doch interessanterweise bleibt Laura ausgesprochen wachsam. Und so fügt sich, während das Unheimliche mehr Raum bekommt, alles ineinander, angefangen mit den Andeutungen, die immer zahlreicher werden.
Der Autor spielt wie später Bram Stoker auf die volkstümlichen Überlieferungen aus dem Balkan an und enthüllt schließlich den Hintergrund, damit endlich die entsprechenden Aktionen unternommen werden können.
Das Ganze wird natürlich mit einer, für die damalige Zeit üblichen emotionalen Distanz erzählt, denn Laura bleibt recht distanziert und verständig, entwickelt aber dennoch einen gewissen Zauber und selbst das Ende bietet genau die Stimmung, die zur Geschichte passt.
„Carmilla - Der weibliche Vampir“ ist einer der vielleicht nicht vergessenen, aber schon weniger beachteten Klassiker der Phantastischen Literatur, der in dieser hübschen Neuausgabe ein rechter Blickfang ist und die Geschichte in einer ungeschönten Fassung bietet, die dem Original sehr nahekommt. Die Handlung scheint unspektakulär zu sein, bietet aber dennoch bei genauerem Lesen interessante Einblicke.