Sara Beth Durst: Spellshop - Vom Zauber der kleinen Dinge (Buch)

Sara Beth Durst
Spellshop - Vom Zauber der kleinen Dinge
(The Spellshop, 2024)
Übersetzung: Aimée de Bruyn Ouboter
Tor, 2024, Hardcover, 496 Seiten, 25,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

War mein Leben doch einfach, strukturiert und sicher. Sie bemerken die Vergangenheitsform? Entschuldigung, ich bin ein klein wenig durcheinander - zunächst sollte ich mich vielleicht doch erst einmal vorstellen: Kiela der Name, einst, als Kind aus dem hohen, unwirtlichen Norden in die Hauptstadt gekommen, inzwischen seit Jahren Bibliothekarin in der größten Büchersammlung des Reiches.

Vergangenheitsform - ja, ich komme ja schon darauf zurück. Zunächst darf ich aber meinen manches Mal lästigen, aber eigentlich immer sehr lieben und fürsorglichen Begleiter und Freund vorstellen: die Grünlilie Caz. Ja natürlich haben Sie Recht, eigentlich ein Gewächs, doch ein unvorsichtiger, nie erlaubter Zauberspruch und schon hat das feuchte Gestrüpp einen vorlauten und neugierigen Verstand.

Vergangenheit - also, die Hauptstadt wird angegriffen. Von innen, von Rebellen, die in ihrem Kampf, der eigentlich durchaus meine Billigung findet (als ob die das brauchen!) die Bibliothek, meine Heimat, in Flammen aufgehen lassen. Einige Kisten an höchst verbotenen Zauberbüchern kann ich noch einpacken, dann geht es mit einer Segeljolle weg von dem heißen, alles verzehrenden Feuer.

Wohin? Nun, dahin, wo ich mich zumindest ein ganz klein wenig auskenne und ein seit Jahrzehnten verlassenes Heim - eher eine baufällige Hütte - mein Eigen nenne. Auf Caltrey, die Insel meiner Kindheit. Und hier bekomme ich am eigenen Leib zu spüren, warum die Rebellen den Aufstand probten: Die Zauberei wurde von den Adeligen in den letzten Jahren nur mehr dazu genutzt, immer neue, noch prächtiger Bauten zu errichten und Feste zu feiern - zu Lasten der Untertanen, die die negativen Begleiterscheinungen der Magie ungemindert abbekommen, hat der Monarch doch den Zauberern verboten, wie früher, die außer Tritt geratene Natur wieder zu richten. Jetzt herrscht Armut, Hunger und Not auf den Inseln - auch auf meiner.

Meine neue, alte Gemeinde braucht Hilfe - magische Unterstützung. Kommt nur nicht… den Herrscher hat es nicht interessiert, die Rebellen haben andere Probleme.

Ich bin, dank meines durchaus faszinierend anzuschauenden Nachbarn, geistig wohl nicht ganz auf der Höhe, als ich beschließe, die geretteten Zauberbücher einer selbstredend höchst verbotenen Nutzung zuzuführen - mehr wollen Sie bestimmt nicht wissen, oder?


Cozy Fantasy, so nennt man wohl neudeutsch die etwas ruhigere, romantisch angehauchte Fantasy, die sich zunehmend größerer Beliebtheit erfreut.

Unsere Erzählerin entspricht dabei weitgehend dem Gewohnten, sprich, es begegnet uns einmal mehr die Einzelgängerin, die am liebsten mit ihren Büchern alleine ist, sich menschenscheu lieber zwischen den Regalen versteckt, als sozial interagiert. Das ist weitgehend bekannt, auch die sich anbahnende Romanze entspricht dem Üblichen.

Die Nebendarsteller bleiben dabei eher flach - mit einer einzigen, dafür umso größeren Ausnahme. Caz, unser vorwitziges Gestrüpp, allein macht den Roman schon lesenswert. Hoppla, da kommt aber einmal ein Wirbelwind in den Plot, der bildlich gesprochen alle anderen Figuren an die Wand spielt. Ohne Caz wäre die Entwicklung unseres Bücherwurms Kiela kaum vorstellbar, treibt Caz sie doch immer wieder an, spricht ihr Mut zu und leitet sie unauffällig und behutsam an. Dramatik gibt es auch, als eine Ermittlerin die Insel besucht, ein notorisch neidischer, Einwohner sie denunziert - das gewohnte Bild.

Wobei wir auch schon bei meinem Fazit wären. Wer eine cozy kleine Geschichte über das Heimkommen in ein kleines, pittoreskes Dorf in Kombination mit Magie sucht, der findet hier gutes Lesefutter. Es warten nicht unbedingt riesige Überraschungen oder große dramatische Ereignisse auf uns, alles ist ein Stück kleiner, anheimelnder als sonst üblich. Das wirkt ruhig, ein wenig lustig und lieb - aber eben ohne wirkliches Aha-Feeling.