Maddrax 645: Die Prüfung, Ian Rolf Hill (Buch)

Maddrax 645
Die Prüfung
Ian Rolf Hill
Bastei, 2024, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Aruula hat ihren telepathischen Lauschsinn verloren und muss zu den Dreizehn Inseln reisen, ihrer Heimat. In einer postapokalyptisch gefluteten Welt werden die kläglichen Reste Dänemarks so genannt, archaische Stämme leben dort. Nur diese, so hofft die Barbarenkriegerin, können ihr noch helfen, diese überlebenswichtige Begabung wieder zu erlangen.

Als Gefährtin hat sie Haaley dabei, und auch wenn Aruulas Anliegen das Hintergrundrauschen des vorliegenden Romans bildet, so geht es doch eigentlich um sie, die Verrückte, Unberechenbare, gerissene Kämpferin, schambefreite Liebhaberin und seit nunmehr über drei Jahren und fast 100 Bänden Teil des Maddraxiversums.

Ian Rolf Hill schuf sie zunächst als kleine Reminiszenz an Harley Quinn aus der Welt von DC, doch weil dieser extreme Charakter bei einem Teil der Leserschaft kometenhaft gut ankam, bei anderen eher kontrovers besprochen wurde, verselbstständigte sich Ewgenija Iwanowa schon bald und wurde nicht nur zu einer tragenden Säule der Serienhandlung, sondern auch zu einem der komplexesten, psychologisch ausgebufftesten Charaktere in der Geschichte des Groschenromans.

In zahlreichen Bänden erzählte Hill in Rückblenden die Geschichte dieser jungen Frau, ihre von Missbrauch gezeichnete Kindheit in Petersburg, ihren Weg in den Norden, die Genese ihrer Wahnhaftigkeit und Gewaltbereitschaft. Stets glaubhaft und packend.

Der vielbeschäftige Autor, der schon vor geraumer Zeit angekündigt hat, bei „Maddrax“ deutlich kürzer treten zu wollen, hinterlässt also mit Haaley ein reiches Erbe und nutzt „Die Prüfung“, um die letzte Etappe ihres Weges, über Hamburg in den Rupood (Ruhrgebiet), zu schildern, wo sie seinerzeit erstmals auftauchte.

Dass er dabei nochmal in die Vollen geht und sein Talent für plastische Action und drastische Szenen voll ausreizt, war im Grunde erwartbar. Erfreulich ist es dennoch, denn Bastei legt mit dieser Episode einen prallen Unterhaltungsroman vor, der zwar etwas Hintergrundwissen erfordert, aber in keiner Sekunde langweilt.

Die Schauplätze in Duisburg sind gut recherchiert und bieten noch ein bisschen Fan-Service für die hiesigen Leserinnen und Leser. Ob diese nun goutieren, dass mit der letzten Rückschau in Haaleys Vergangenheit nicht nochmal ein komplett neues „Pott“-Kapitel aufgeschlagen wird, sondern bereits angerissene Handlungsstränge zu einem stimmigen Ende geführt werden, ist vermutlich individuell verschieden.

Und die titelgebende Prüfung? Im Jetzt der Serienhandlung macht Barbarenkönigin Britt ihre Hilfe vom Ergebnis eines Kampfes abhängig: Aruula gegen ihre Begleiterin, auf Leben und Tod. Diese dramatische Situation tritt angesichts des eigentlichen Fokus’ dieser Geschichte etwas in den Hintergrund. Obwohl hervorragend geschrieben, kann diese Auseinandersetzung nur blass bleiben - und der Impact auf das Gesamtgeschehen ist denn auch kein großer.

Kein Spoiler: Bereits in der Ankündigung des nächsten Romans wird klar, dass Aruula sich anderweitig um das Wiedererlangen ihres Lauschsinns kümmern muss, und zwar auf der anderen Seite der Erdkugel. Viel Sprit verflogen für einen immerhin spannenden Roman.