Judith & Christian Vogt: Ich, Hannibal - Rom wird vor ihr erzittern (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 17. September 2024 11:20
Judith & Christian Vogt
Ich, Hannibal - Rom wird vor ihr erzittern
Piper, 2024, Paperback, 432 Seiten, 17,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Wir kennen den Konflikt der beiden einander verfeindeten, ja gnadenlos hassende Reiche der Antike aus dem Geschichtsunterricht. Hier das Römische Weltreich mit seinen Legionen, seinen Baumeistern und seiner Kultur, dort Karthago, die Hauptstadt der Punier. Hannibals Feldzug über die Alpen, die Elefanten, die er als Kriegswaffe einsetzte, sind auch heute noch bekannt und berühmt.
Die Handlung nimmt ihren Beginn mit einer traurigen, einer schrecklichen Nachricht. Auf dem Rücken eines magischen Biestes, eines riesigen elefantenähnlichen Wesens, kommt eine junge Frau ins Heerlager der Karthager geritten und behauptet nicht nur, dass Hannibal tot sei, sondern auch, dass er ihr seinen Namen und seine Mission vermacht habe. Sie will, auf dem Rücken des magischen Wesens, das Heer siegreich gen Norden anführen. Was niemand weiß, niemand je wissen darf ist, dass die junge Frau die Mörderin des gefeierten Helden ist.
Ihr Plan, um die verhassten Römer zu besiegen ist ebenso einfach, wie genial. Sie entsendet die Bestienjäger, um noch weit mehr der mystischen Bestien zu suchen, zu fangen und in ihren Kriegstross zu integrieren. Dann geht es gegen Rom.
Währenddessen hat die junge römische Witwe Fulvia ganz andere Sorgen. Die Parzen hatten entschieden, den Lebensfaden ihres Gatten, eines reichen Patriziers zu kappen, dessen Neffe will sie und die drei angeheirateten Kinder um ihr Erbe bringen. Der Anwalt, der ihr vielleicht helfen könnte, ist teuer; Geld oder Beziehungen hat sie nicht - was bleibt also?
Judith und Christian Vogt haben inzwischen eine ganze Reihe von Veröffentlichungen auf ihrem Konto verbucht. Dabei nutzten sie unterschiedlichste Sub-Genres, verfassten aber immer Texte, in denen es auch um Gleichberechtigung und queere Beziehungen ging. Auffällig dabei, dass sich ihre Romane dabei immer unterhaltsam und packend lasen. Manches Mal habe ich den Eindruck, dass Manuskripte oft nur angekauft werden, weil sie queere Beziehungen oder das dritte Geschlecht beinhalten, dabei dann aber leider das Erzählen vergessen. Dies ist bei dem Ehepaar Vogt definitiv nicht der Fall. Hier wird die Leserin beziehungsweise der Leser durch die Bank gut, rasant und abwechslungsreich unterhalten.
Vorliegend nehmen sie sich entsprechend eines Themas an, das sich seit Jahren großen Zuspruchs erfreut. Die Punischen Kriege, die Karthager und Römer, der Feldzug - das sind Vorlagen, die gerne als Kulisse für einen Roman benutzt werden. Die beiden Verfasser vorliegenden Buches vermischen diese historischen Begebenheiten nun mit einer kräftigen Prise Mythologie und feministischer Sichtweisen. Da begegnen uns Kreaturen, die wir aus den griechisch-römischen Sagen kennen, da wird uns das Geschehen aus Sicht zweier, eigentlich dreier Frauen berichtet. Erstaunlich dabei, dass die namensgebende Hannibal eine eher kleine Rolle einnimmt, dafür rückt die Bestienjägerin Tamenzut sehr oft ins Visier der Verfasser. Diese berichtet uns nicht nur von der Suche nach den sagenhaften Bestien, sie berichtet auch in aller Deutlichkeit von den Schrecken des Krieges. Über Fulvia bekommen wir dann nähere Einblicke in das Denken und Leben der römischen Patrizier.
Gerade in den beschriebenen antiken Gesellschaften hatten Frauen kaum eine Möglichkeit, sich außerhalb ihrer Rolle als gebärende Gattinnen zu entfalten. Sie wurden immer wieder von den Männern ausgenutzt, missbraucht und gedemütigt. Das wirkt in seiner beschriebenen Direktheit brutal, atmet aber gerade deswegen ein gehöriges Maß an Realität. So ist der bekannte Kriegsverlauf eher der Rahmen, in dem die Autoren sich auf ihren Plot um die drei Frauenfiguren konzentrieren. Über diese bekommen wir einen quasi intimen Einblick in das Leben zu der beschriebenen Zeit, dem Denken der Menschen, das ihr Handeln begründet.
Insgesamt, gerade wegen der etwas ungewohnten Sichtweise und den phantastischen Bestien, ein Roman der mich fesselte, der gut recherchiert wirkt und sich sprachlich angenehm anbietet.