Alison Sinclair: Nachtgeboren (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 17. März 2011 19:22
Alison Sinclair
Nachtgeboren
(Darkborn)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michaela Link
Titelillustration von Isabelle Hirtz
Lyx, 2011, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 408 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8335-3
Von Carsten Kuhr
Vor achthundert Jahren beendet der Magier Imogene den Krieg mit einem mächtigen Zauberspruch. Leider missriet die magische Beschwörung ein wenig. Seit diesem Tag leben die Bewohner der Stadt Minhorne streng voneinander getrennt.
Die einen, Nachtgeboren genannt, verbrennen sich am Sonnenlicht und haben sich und ihr Leben in der Nacht eingerichtet. Sie sehen mittels ihres Ultraschallorgans. Die anderen dagegen vertragen die Dunkelheit nicht mehr. Während die Magie bei den Nachtgeborenen verpönt ist, hat sie sich bei den im Licht Lebenden zu einer hoch angesehenen Wissenschaft fortentwickelt. Im ersten Band der Trilogie wendet sich die Autorin im Wesentlichen dem Leben in und mit der Nacht zu. Die Handlung beginnt damit, dass eine Hochwohlgeborene an die Tür desArztes Dr Balthasar Hearne klopft. Terence Amberley ist hochschwanger, und das von einem Geliebten, der sie nur tagsüber besuchte. Wenn ihr Verlobter davon Wind bekommen würde, wäre die geplante Hochzeit dahin, sie würde in Schimpf und Schande vom Hof gejagt. Balthasar, treue Seele der er ist, hilft der früheren Geliebten seines verschollenen Bruders und bringt die Zwillinge zur Welt. Als er entdeckt, dass die Zwillinge zu sehen vermögen glaubt er seinen Sinnen nicht zu trauen. Wer nur ist der Vater, und wie geschah die eigentlich unmögliche Zeugung?
Da die Mutter ihre Kinder am liebsten umbringen würde, gibt er die Zwillinge bei seiner Schwester, einer Magierin die sich in die Grenzlande zurückgezogen hat, in Pflege. Eine weise Entscheidung, denn kurz danach tauchen Schläger an seiner Tür auf, die den Aufenthaltsort der Kinder aus ihm herausprügeln wollen. Nur das Auftauchen seiner Frau und eines Agenten des Fürsten retten ihn vor einem schlimmen Schicksal. Allerdings nehmen die Schläger auf ihrer Flucht Balthasars Tochter mit und bieten diese im Austausch für die Zwillinge an. In der Folgezeit begleiten wir den Arzt, seine adelige Frau und den fürstlichen Agenten auf ihrer Suche nach der entführten Tochter. Dass dabei einige Geheimnisse, auch zwischen den glücklich Vermählten ans Tageslicht kommen, dass Magie und Verrat eine Rolle spielen, überrascht dabei wenig…
Betrachtet man die allmonatlichen Fantasytitel die über Leser und Buchhandlungen hereinbrechen, so muss man konstatieren, dass die Bandbreite in den letzten Jahren eher ab- als zugenommen hat. Sicherlich, es gibt neue Strömungen wie etwa den Steampunk, der das Angebot bereichert, doch die überwiegende Anzahl der Publikationen orientiert sich an dem, was bislang erfolgreich war. Novitäten, frische Ideen, sind rar gesät, produziert wird, was Umsatz verspricht. Umso mehr sollte man sich die wenigen Titel, die mit ungewohnten Ansätzen punkten, genauer anschauen.
Alison Sinclair hat mit der durch die Dämmerung geteilten Stadt meines Wissens eine bislang noch nicht gebrauchte Idee ins Zentrum ihres Romans gestellt. Menschen, die sich im Dunkel durch eine Art Radarsehen, wie wir es von Fledermäusen kennen, zurechtfinden, die ihr Leben dem neuen Sinnesorgan angepasst haben, das bietet faszinierend andere Möglichkeiten die Handlung aufzubauen. Hier hat es die Autorin verstanden ihren Leser an die Hand zu nehmen und diesem die so andere Sinnesausrichtung glaubhaft zu machen.
Im Vergleich dazu ist die Charakterzeichnung weniger gelungen. Insbesondere Dr. Hearne wirkten auf mich immer ein wenig verknöchert, obwohl es sich bei diesem um einen jungen Familienvater handeln sollte. Dagegen wird die Scheu der Eheleute, einander alle Geheimnisse zu offenbaren, wieder gut nachvollziehbar geschildert. Dass Beide sich auch zu anderen hingezogen fühlen – Balthasar zu einer Tageslicht-Assassinin, seine Frau zu dem fürstlichen Agenten – bringt zusätzliche Verwicklungen und Dramatik in den Plot. Insgesamt also ein Roman der aufgrund seines ungewöhnlichen Settings lesenswert ist, dessen Charaktere aber doch relativ flach bleiben.