Leigh Bardugo: Der Vertraute (Buch)

Leigh Bardugo
Der Vertraute
(The Familiar, 2024)
Übersetzung: Alexandra Jordan und Sara Riffel
Knaur, 2024, Hardcover, 448 Seiten, 25,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Nicht zuletzt durch ihre Romane aus dem „Grishaverse“, die von Netflix in eine Serie umgesetzt wurden, ist Leigh Bardugo eine international bekannte Bestseller-Autorin. Nun legt sie mit „Der Vertraute“ aber ein Werk vor, das nicht in einer Fantasywelt spielt, sondern im Spanien des späten 16. Jahrhunderts, kurz nach der Niederlage der spanischen Armada gegen England, angesiedelt ist.


Luzia Cotado lebt als Dienstmädchen in dem heruntergekommenen Haus einer verarmten Familie und hofft nicht aufzufallen, denn zum einen ist sie das Kind jüdischer Konvertiten, zum anderen besitzt sie besondere Kräfte - und das könnte sie vor die Inquisition und auf den Scheiterhaufen bringen.

Doch als ihre intrigante Herrin entdeckt, was sie kann und sie zwingt, kleine Wunder zu wirken, wird Antonio Perez auf sie aufmerksam, der in Ungnade geratene Sekretär des Königs, der darauf hofft, mit begabten Menschen wie Luzia wieder die Aufmerksamkeit Philipps zu erlangen. So gelangt das Mädchen in eine Welt der Seher, Magier und Alchemisten.

Besonders unheimlich dabei scheint der Mann, der ihre Gabe ausbilden soll, damit sie sie endlich auch gezielt einzusetzen lernt. Doch schon bald lernt Luzia hinter die kalte Fassade des scheinbar unsterblichen Mannes zu blicken, mit dem sie mehr verbindet, als die beiden wissen…


Und das ist natürlich auch der romantische Teil der Geschichte, der allerdings nicht in den Vordergrund rückt, wie der Klappentext andeuten mag. Denn wer Leigh Bardugo kennt, weiß, dass sie sich nicht auf einer simplen Liebesgeschichte ausruht; sie nimmt sich die Zeit, die damalige Zeit in all ihren Facetten genauer vorzustellen, dem Leser aber auch dabei zu helfen in die Gedankenwelt der Menschen einzutauchen, die zwischen ihren eigenen Begierden, dem Glauben und der ewigen Furcht vor der Inquisition standen.

Tatsächlich schafft sie es, ohne irgendwelche Anachronismen auszukommen, aber dennoch eine Brücke zu moderneren Denkweisen zu schlagen, was heute ebenfalls nicht selbstverständlich ist.

Wie immer ist alles nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint; die Figuren erhalten schnell Ecken und Kanten, aber auch neue Facetten, die die Wahrnehmung des Lesers nach und nach verändern. Denn es dreht sich nicht alles nur um Luzia und Santangel, auch die anderen Charaktere werden interessant ausgebaut, um dem Hintergrund mehr Kraft zu geben, die Intrigen und das Beziehungsgefüge ebenso, so dass man letztendlich nicht nur bei einer Figur mitfiebert.

Das führt bei dem sorgsamen Aufbau der Geschichte natürlich dazu, dass die Spannung sich nur langsam steigert, aber den Leser auch herausfordert, auf die kleinen aber feinen Details zu achten, die vielen Anspielungen, die das in sich geschlossene Ende umso runder machen.

„Der Vertraute“ ist historische Fantasy vom Feinsten, klug durchdacht und mit gut dosierter Spannung, in der alles zusammenpasst. Der Hintergrund wird atmosphärisch geschildert, die Figuren entwickeln sich alle weiter und nicht zuletzt stimmt der Mix aus Magie und Abenteuer, in den sich die Romantik angenehm einfügt.