Stefan Gemmel: Der Zeitenherrscher – Schattengreifer 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 05. März 2011 15:14
Stefan Gemmel
Der Zeitenherrscher
Schattengreifer 2
Titelillustration von Silvia Christof
Baumhaus, 2010, Hardcover, 286 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-8339-3709-5
Von Carsten Kuhr
Ein Jahr ist es her, dass der damals dreizehnjährige Simon mitten in der Nacht entführt wurde. Nicht etwa finstere Erpresser haben sich seiner Bemächtigt, sondern ein Magier hat dafür Sorge getragen, dass Simon seinen Zweimaster, den „Seelensammler“, betrat.
Dort lernte er die Zeitkämpfer kennen, junge Menschen aus allen Epochen und Reichen, die der Schattengreifer für seine Zwecke rekrutiert hatte. Schon zweimal gelang es Simon, die Pläne des Magiers zu durchkreuzen, und die Entführten wieder mit ihrer Familie und Zeit zu vereinen. Als er dieses Mal auf das Schiff zurückkehrt, will er seine Mission fortsetzen. Zunächst geht es ins Jahr 1890 und dem Massaker der Weißen an den amerikanischen Ureinwohnern am Wounded Knee. Hier soll Moon zu seiner Familie zurückkehren – doch die Mission misslingt, ja unsere Helden sind kurz davor, in der Zeit zu stranden. Kaum doch noch an Bord des Rabenschiffes zurückgekehrt, will der Schattengreifer Simon von seiner Sicht der Dinge überzeugen. Er weiht Simon in seine eigene Vergangenheit ein. Es geht in die tiefste Vergangenheit. Als Höhlenmensch bemerkt der Magier erstmals, dass er die Schatten und damit die Zeit beeinflussen kann. Über die Millennien verfeinerte er seine Gaben, stieß aber immer wieder nur auf Egoismus, Neid und Krieg. Um dem ein Ende zu setzen, um die Menschheit vor sich selbst zu schützen, sieht er nur eine Chance – der Seelenfänger will sich selbst zum Herrscher der Welt aufschwingen. Frieden all überall, doch der Preis wäre die Freiheit der Menschen. Und dagegen haben Simon, seine Freunde und auch sein Vater, der bereits einmal die Bekanntschaft des Magiers gemacht hat, etwas einzuwenden – auch wenn ihre Chancen nicht gut stehen....
Im Mittelteil der großen „Seelensammler“-Trilogie besucht das Schiff und seine Besatzung nicht nur den wilden Westen, sondern auch das von der Pest heimgesuchte Europa. Überall aber treffen unsere Protagonisten auf Missgunst, Hass und Habgier. Immer wieder wird um des persönlichen Wohlergehens gelogen, aufgehetzt und getötet, der Mensch erweist sich als selbstzerstörerisches Tier, das seine dünne Tünche der Zivilisation nur zu schnell abstreift, wenn es um den persönlichen Vorteil geht. Insoweit ist Simon nachvollziehbar hin- und hergerissen von der Bitte des Magiers, ihn zu unterstützen. Frieden auf Erden, wäre dies den Preis der persönlichen Freiheit wert? Eine Frage, die gar nicht so einfach zu beantworten ist.
Verpackt hat der Autor diese zentrale Entscheidung erneut in einer packenden Handlung, die von den geschichtlichen Berichten zehrt und lebt. Der Kinderkreuzzug, die Pest, die Europa entvölkert und die Massaker der Immigranten an den Indianern – das ist die Bühne für die spannend ablaufenden Geschehnisse und bietet genügend Argumente dafür, die scheinbar unbelehrbaren Menschen an die Kette zu legen. Das Gebotene verbindet somit Unterhaltung mit einigen nachdenkenswerten Überlegungen, unterhält spannend und stilistisch flüssig und weckt Appetit auf den dritten Band.