Robert Kraft: Um die indische Kaiserkrone 1 (Buch)

Robert Kraft
Um die indische Kaiserkrone 1
Erlebnisse eines Deutschen im Lande der Wunder
Titelbild und Innenillustrationen: Adolf Wald
Verlag Dieter von Reeken, 2024, Hardcover, 454 Seiten, 32,50 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Im zweiten von Kraft veröffentlichten Kolportage-Roman, widmet sich der Verfasser einer Geschichte, die eigentlich fernab der deutschen Heimat spielt.

Der Roman beginnt in London und widmet sich in der Folge den Geschehnissen, die letztlich zum Aufstand der Inder gegen die britischen Kolonialherren gipfelte.

Sir John Retcliffe verfasste bereits früh eine abenteuerliche Aufarbeitung des Aufstandes unter dem Titel „Nena Sahib oder die Empörung in Indien“ - nun widmet sich Kraft den Geschehnissen.

Allerdings beginnt Kraft seine Sage um Entführung, Verrat und Aufstand zeitlich weit früher.

 

Alles beginnt damit, dass ein Kriegsheld, der entgegen der Befehle mit seinen Kameraden in der Schlacht von Nursingpur statt zurückzuweichen die Inder angegriffen und letztlich das Kriegsglück gewendet hat, eine Familie zu einem Fest einlädt. Zwar sollte er wegen Insubordination aus der Armee entlassen werden, die Queen aber erhebt ihn in den Adelsstand.

Eines Abends, London ist ganz im Bann eines gastierenden indischen Zauberkünstlers, organisiert man für einen horrenden Obolus eine Privatvorstellung eben jenen Zauberer. Zum Finale des beeindruckenden Gastspiels, zaubert der Inder die Tochter des gastgebenden Paares weg und lässt statt dessen einen indischen Jungen im Kindbett erscheinen. Als die Polizei auf der Suche nach dem verschwundenen Kleinkind den Zauberer vernimmt und festsetzt, gibt dieser an, dass nicht er, sondern sein Lehrer und Vorbild den Raub des Kindes durchgeführt hat, verschluckt seine eigene Zunge und verstirbt im Kerker.

Alles, was der verzweifelte Vater erfährt, ist die Prophezeiung, dass er seine Tochter in siebzehn Jahren wiedersehen wird. Das Kind selbst bleibt unauffindbar.

Im Auftrag der Krone wird er mit Geheimbotschaften über das zukünftige Vorgehen in der Kolonie nach Indien geschickt, während die trauernde Ehefrau, geistig verwirrt, zurückbleibt. Dort angekommen, verschwindet er scheinbar spurlos; die Rebellen, denen sich eine verschmähte britische Lady angeschlossen hat, haben sich seiner bemächtigt und planen den Aufstand…


Robert Kraft nutzt vorliegend die geschichtlich überlieferten Vorkommnisse und Ereignisse um aus diesen seinen eigenen, durchaus munteren Plot zu kreieren. Es beginnt mit einer Zaubervorführung, die sich mit dem menschlichen Wissen und der Logik kaum erklären lässt - ergo, auch bereits in seinem zweiten, großen Kolportage-Roman, unternimmt Kraft erste Ausflüge in den phantastischen Bereich.

Anschließend wuchert er mit dem, was auch seine späteren Romane auszeichnet und bei seinem Publikum so gut ankam: mit exotischen Handlungsorten, teuflischen Bösewichtern sowie wahren Helden.

Man darf nicht vergessen, wer seine Zielgruppe war. Das waren beileibe nicht die Bildungsbürger oder Adeligen, die sich eher an Schiller und Goethe hielten, das waren die einfachen Leute: Männer und Frauen, die als Diener und Arbeiter schufteten, die nie die Chance hatten, ihrem tristen Alltag wirklich zu entfliehen, oder die weite Welt kennenzulernen. Nur in ihrer Phantasie konnten sie ferne Gestade besuchen, andere Kulturen kennenlernen und ein wenig Abwechslung in ihren Alltag bringen.

Natürlich sind die Darstellungen der Inder und ihrer Kultur stereotyp, ja rassistisch. Kraft nutzte die Kulisse auch dafür, indische Frauen als lebenslustig zu zeichnen, gerade für die damalige, prüde Zeit viel Körperliches anzudeuten.

Insgesamt also ein auch heute noch ganz munter und flott lesbarer Roman, der uns in eine lang vergangene Zeit entführt und mit Exotik punktet.