Alix E. Harrow: Die Rückkehr der Hexen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 21. Februar 2024 10:08

Alix E. Harrow
Die Rückkehr der Hexen
(The Once and other Future Witches, 2020)
Übersetzung: Animée de Bryn Ouboter
Titelbild: Lisa Marie Pompilio
Festa, 2023, Hardcover, 748 Seiten, 28,99 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
„Wie pflegte meine Mama Mag immer so treffend zu sagen: „Hexenwerk sei nichts weiter, als ein Gespräch mit jenem roten Herzschlag, und um es führen zu können, brauche es stets nur dreierlei - den Willen der Magie zuzuhören, die Worte, um sich ihr mitzuteilen und den Weg, sie in die Welt zu holen“ (S. 11).
Beim Namen Salem in Neuengland, da klingelt etwas bei Ihnen? Richtig, das kleine Städtchen an der Ostküste der Vereinigten Staaten hat traurige Berühmtheit erlangt, als die Bewohner - na ja, zumindest die männlichen Honoratioren - die Scheiterhaufen aufgeschichtet und kurzerhand die Hexen darauf verbrannt haben.
Zweihundert Jahre ist dies nun her, seitdem hat sich nicht wirklich viel geändert oder gar verbessert. Die Kleider der Frauen haben weiterhin keine Taschen, in denen man die Zutaten für einen Hexenspruch mit sich führen könnte, Frauen sind für das Haus, die Familie und den Herd bestimmt - so die landläufige Meinung. Trotzdem lernt auf dem Land ein jedes Kind ein paar Sprüche, mit denen man das Haar glätten oder Kleider trocknen kann. Gerade greift etwas Anderes, etwas Neues um sich, das den Bürgermeister und dem Gemeinderat Kopfzerbrechen bereitet: die Suffragetten fordern vehement ihre Rechte, auch wählen zu dürfen.
Bei einer Veranstaltung der Bewegung kommt es dann zu etwas, das man Jahrhunderte lang nicht mehr gesehen hat. Ein Turm tauchte aus dem Nichts auf, darin eine Tür mit einem dreiteiligen Symbol; Hexerei, Furcht, Vorurteile und Gewalt greifen um sich.
Mittendrin, drei Schwestern: Beatrice Belladonna, Agnes Amaranth und James Juniper; sie sind unabhängig voneinander aus dem Umland in die Stadt geflüchtet. Der gewalttätige Vater, die im Kindbett gestorbene Mutter, eine Oma, die ihnen nicht nur Hexengeschichten der Gebrüder Grimm vorlas, sondern auch die Grundlagen der Hexerei beibrachte, staunen angesichts der sich manifestierenden Kräfte. Kommt die Zeit der weisen, mächtigen Frauen zurück, wer ist für die Erscheinungen verantwortlich und was steckt hinter den Vorkommnissen?
Fast noch wichtiger die Frage, wie man die Hexerei nutzen kann, um den Frauen ein wenig mehr Rechte zu verschaffen? Dann aber…
Alix E. Harrow weiß, eine Geschichte zu erzählen. Versiert und spannend führt sie in den ersten Kapiteln die drei Schwestern ein, zeigt uns die Manifestation des Turms und bringt auch schon die Gleichberechtigungsbewegung mit ins Bild.
Und was für ein Bild entfaltet sich da vor den Augen der Leserinnen und Leser. Die Mischung - Hexerei und Suffragetten - ist neu, habe ich so noch nirgends auch nur andeutungsweise gelesen (auch wenn dieser Aspekt im Verlauf des Romans leider etwas in den Hintergrund tritt).
Mehr noch, die fiktive Welt, in der die Autorin ihre Handlung platziert hat, wirkt sehr überzeugend und detailreich. Ich konnte mich wunderbar in die Zeit und an den Ort versetzen, nachvollziehen, was unsere vom Naturell her so ungleichen Schwestern antreibt. Ihre Interaktion, die Verletztheit der Figuren, ihre Gemeinsamkeiten und mehr noch ihre Unterschiede wurden wunderbar klar herausgearbeitet.
Was das Lesetempo ein wenig mindert, sind die vielen unterschiedlichen Erzähler, die in den Plot eingebetteten Märchen, die sich etwas anders anbieten, als wir sie von den Gebrüdern Grimm her kennen und immer neue, unerwartete Wendungen. Sprich, es wird nie langweilig - man muss aber auch beim Buch bleiben, sich auf die Handlung einlassen.
Letztlich ist „Die Rückkehr der Hexen“ ein wunderbar eigener, voluminöser Roman um Hexen, Suffragetten, Liebe und Geheimnisse, der packend zu unterhalten weiß.