Ursula Poznanski: Die Burg (Buch)

Ursula Poznanski
Die Burg
Knaur, 2024, Hardcover, 398 Seiten, 24,00 EUR

Rezension von Gunther Barnewald

Maxim Ascher betreibt einige kleinere Escaperooms, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Da seine Locations als besonders einfallsreich gelten, lädt ihn der Milliardär Nevio zur Eröffnung seines ersten großen Escaperooms ein, der eine neue Zeit für die Spielparadiese einleiten soll, steuert hier doch eine Künstliche Intelligenz (KI) die Spielsituationen und Rollenverteilungen.

Maxim bekommt viel Geld für die Teilnahme geboten, so dass er dieses Angebot nicht ausschlagen kann.

Zudem hat der reiche Mann sich die alte Burg Greiffenau gekauft und sich deren unterirdisches Labyrinth als Rätselräume für die Rollenspiele einrichten lassen, nachdem der Denkmalschutz angeblich alle Altertümer und sonstigen Artefakte aus den Burgverliesen entfernt hat.

Maxim trifft dort noch auf andere „Experten“, so auf Professor Lothar Melerski, einen ausgewiesenen Fachmann für das Mittelalter, die Rätselexpertin Petra Seifert, die einen großen von Nevio veranstalteten Wettbewerb zum Knacken von Geheimnissen und Problemen gewonnen hat und einige Leute von Nevios Sicherheitspersonal. Zusammen möchte man am nächsten Tag dem ersten Probelauf der neuen KI im unterirdischen Labyrinth beiwohnen.

Das Vergnügen bekommt aber bald Dellen, denn erstens können die Teilnehmer die unterirdischen Räumlichkeiten auch nach Gebrauch des vorher vereinbarten Safety-Codeworts nicht mehr verlassen, dann gibt es auch schnell den ersten Toten, während das angebliche Spiel zu blutigem Ernst wird und die neue KI immer mehr Amok zu laufen scheint.

Bald sind nicht nur die Spielteilnehmer in den unterirdischen Räumen gefangen, sondern auch das Sicherheits- und IT-Personal in der Burg, während alle Funkfrequenzen von der KIsmet genannten KI blockiert werden. Ein Wettlauf der Rätsellöser gegen KIsmet beginnt, dem bald noch weitere Menschen zum Opfer fallen...


So weit so spannend. Die Autorin hat hier einen knackigen Reißer geschrieben, den man bedenkenlos jedem Fan packender Action-Romane empfehlen kann.

Dabei ist Poznanski allerdings der Spannungsbogen nicht so ganz rund gelungen, steigt die Handlung doch leider viel zu schnell ins Geschehen ein und hängt dann gegen Ende etwas beziehungsweise lässt etwas nach. Die Autorin hätte gut daran getan, die Protagonisten etwas gründlicher vorzustellen, denn leider werden außer Maxim nur Yvonne, Professor Melerski, der gierige Milliardär Benedetto Nevio und der IT-Fachmann Fuxo etwas plastisch (von der Autorin ist man hier deutlich mehr gewohnt, vor allem bezüglich ihrer wunderbaren Jugendbücher). Der Rest ist austauschbar, leider. Fast haben die künstlichen Charaktere der durchgeknallten KI mehr Profil als die angeblich realen Menschen!

Auch die endgültigen Hintergründe für das derbe Entgleisen der KI werden nicht so recht glaubhaft gemacht. Was ist mit etwaigen Sicherheitsprotokollen? Was mit manuellen Notabschaltungsmöglichkeiten? Was ist mit ethischen Algorithmen, die bestimmte Handlungen der KI unterbinden müssten?

Was für das Buch spricht, ist jedoch eine rasante Geschichte mit tollen Wendungen, die vielen kleinen Ideen, wie die KI ihre Alptraumwelten ausgestaltet, und vor allem die packende Handlung. Da das Buch auch nur 400 Seiten hat, kommt kaum Langeweile auf, nur das Ende dehnt sich etwas, da die KI mehrfach verspricht, das Ganze zu beenden, dann aber doch immer wieder neue Rätsellösungen verlangt.

Wer actionreiche und spannende Kracher liebt, der wird sich hier aber wohl fühlen!

Dass Ursula Poznanski jedoch deutlich mehr kann, beweisen erstklassige Romane wie „Cryptos“, „Aquila“ oder „Layers“. „Die Burg“ ist gut, aber leider nicht überragend!