Samantha Garner: The Quiet is Loud (Buch)

Samantha Garner
The Quiet is Loud
(The Quiet is Loud, 2018)
Übersetzung: Diana Bürgel
Piper, 2023, Hardcover, 400 Seiten, 22,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Was ist dies für ein Roman, dem die Verantwortlichen im Lektorat bei Piper derartiges Potential bescheinigen, dass sie ihn als herausgehobenes Hardcover ins Rennen schicken?


Im Zentrum des Debüt-Romans der Autorin steht Freya. Die mittlerweile 28jährige Frau lebt in Kanada und stammt aus einem Migrantenhaushalt. Ihre Eltern kommen aus Norwegen und den Philippinen, der Vater ist als recht erfolgloser Autor darum bemüht, ihr dennoch eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen.

Mit zehn Jahren hatte Freya ihre erste Vision. Der prophetische Traum warnte sie vor dem Tod der Mutter. Nicht genug damit, dass sie den tragischen Verlust verkraften musste, es durfte auch Niemand von ihrer Gabe wissen. Menschen mit übernatürlichen Begabungen, sogenannte Veker, werden von der Gesellschaft ausgegrenzt, gefürchtet, ja verfolgt.

Es gelingt ihr, ihre Befähigung geheim zu halten. Sie bietet im Internet ihren Kunden an, aus Tarot-Karten deren Zukunft zu lesen und ihnen Ratschläge zu geben; dabei kommt ihr die Gabe natürlich zupass.

Zusehends aber setzt ihr die Einsamkeit, das ständige Versteckspiel zu. Sie weiß, dass sie rausgehen, Menschen mit ähnlichen Talenten suchen, sich Jemandem anvertrauen sollte - das Problem ist, dass ihr der Mut und die Kraft dafür fehlt. Erst als sie sich einer Gruppe anschließt, die Menschen mit den Gaben Hilfe anbietet, ändert sich ihre Situation.


Den Lesenden erwartet hier ein Buch, das sich mit wichtigen Themen beschäftigt. Fragen wie der Identität (gerade, wenn man aus einer „gemischtrassigen“ Beziehung kommt), dem Umgang der Menschen mit Personen, die ein wenig außerhalb des Alltäglichen unterwegs sind (besondere Befähigungen aufweisen) und dem Mut, den es braucht, sich zu öffnen.

All dies ist im Buch enthalten und zum Teil auch wirklich ansprechend umgesetzt. Dumm dabei, dass die Verfasserin leider vergessen hat, diese Messages in eine spannende Geschichte zu verpacken.

Warum sind die Veker so gefürchtet, werden ausgegrenzt? Irgendwann in den 70ern ist etwas vorgefallen, das zu dieser Entwicklung führte - allein, was damals passiert ist, das erfahren wir nicht wirklich.

Ähnliches gilt für die Figuren, die uns auf den Seiten begegnen. Keine von diesen wird so gezeichnet, dass sie das Potential gehabt hätte, mich wirklich zu fesseln, alle blieben mir innerlich fern. Selbst die Entwicklung, die unsere Ich-Erzählerin durchläuft (die zwei Erzählebenen wechseln zwischen 2015 und 1996 hin und her), blieb mir seltsam fern, konnte mich nicht wirklich für die Hauptfigur einnehmen. Ja, Freya hat eine traumatische Kindheit gehabt, ihre Erwachsenenzeit ist von Ängsten geprägt, doch wirklich interessiert hat mich ihr Schicksal nicht.

So bleibt mir als Fazit, dass mich das Buch nicht wirklich ansprechen konnte, dass es zwar um wichtige Themen geht, diese aber nicht wirklich spannend verpackt wurden.