Maddrax 618: Der Weg der Daa‘muren, Jo Zybell (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 06. Oktober 2023 10:24

Maddrax 618
Der Weg der Daa‘muren
Jo Zybell
Titelbild: Néstor Taylor
Bastei, 2023, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR
Rezension von Matthias Hesse
Bereits vor der Lektüre des 618. regulären Romans der postapokalyptischen Phantastik-Serie fallen zwei Dinge auf. Zum einen handelt es sich bei der Coverzeichnung von Néstor Taylor wohl um die gelungenste seit langem in der jüngeren Seriengeschichte: Mit ihrer dynamischen Komposition und der Kampfszene „Echsenmenschen vs. Vampires“ im Mondlicht, verbreitet sie altmodisch pulpiges Flair und kommt trotzdem alles andere als gestrig daher; ein echter Hingucker am Kiosk dürfte das sein, der zumindest in dieser Woche die Mitbewerber alt aussehen lässt.
So viel klassische Qualität hat wohl einen besonderen Grund, denn dass nach über fünf Jahren Funkstille wieder ein Beitrag von Jo Zybell erscheint, ist nichts weniger als eine kleine Sensation, hatte doch mit einer Rückmeldung des Miterfinders und zwei Dekaden lang tragenden Säule der Erzählung, des Weltenbaus, der Hintergründe und des Personals niemand mehr wirklich gerechnet.
Nun also endlich wieder ein Heft vom Altmeister, der sich keine leichte Aufgabe vorgenommen hat. Bei völliger Abwesenheit des Titelhelden gilt es, zwei liegengebliebene Handlungsfäden weiterzuführen: Da wären zum einen die beiden Daa’muren, jene Spezies also, die der Blick aufs Cover als Aliens identifiziert, der Stammleserschaft als Gro und Ira bestens bekannt, die vor etlichen Bänden auf ihrer Suche nach einer verschollenen Expedition im lateinamerikanischen Regenwald zwischengeparkt wurden. Außerdem sollte auch die Geschichte von Toma’bar, dem abtrünnigen Gefährten Dak’kars weitererzählt werden. Wäre das nicht passiert, hätten sich vielleicht nur wenige Leser gefragt, was eigentlich aus ihm geworden ist - zu Unrecht, wie Zybell eindrucksvoll beweist. Unter Zuhilfenahme einer seit Heft 5 bewährten Spezies, den vampirartigen Nosfera nämlich, knüpft der Autor drei Handlungsfäden zusammen, die die Gemengelage für alle kommenden Episoden grundlegend anschärft; eine neue Gemeinschaft mit neuen Machtinteressen ist entstanden, innere Rivalitäten sind bereits anskizziert, mit Clauzer und dem halbwüchsigen Benji zwei neue Figuren mit reichlich Potential an Bord. All das erzählt Zybell spannend, wenn auch im Ganzen eine Spur zu routiniert.
Unterm Strich also hat Bastei hier ein Romanheft vorgelegt, das in vielerlei Hinsicht auf Nostalgie setzt. Die Rechnung geht auf, und dass es trotz allen Retro-Charmes relevant ist, ist dem Redakteur Michael Schönenbröcher hoch anzurechnen, zumal es dringend an der Zeit war, dass die Gesamthandlung an Komplexität gewinnt. Es wäre wünschenswert, Zybell wieder häufiger in die Serie einzubinden, denn im Gesamtorchester des Autorinnenteams ist seine besonnene, bodenständige, ernsthafte Stimme ein wichtiger Kontrapunkt, auch wenn ich den jüngeren Sound der „Next Generation“ Lara Möller, Ian Rolf Hill und Michael Edelbrock keinesfalls missen möchte.
„Maddrax“ ist eine Serie, die schon immer von ihrer Vielfalt gelebt hat. „Der Weg der Daa’muren“ zeigt, welche schönen Früchte diese Vielfalt tragen kann.