Jim Butcher: Kleine Gefallen - Die dunklen Fälle des Harry Dresden 10 (Buch)

Jim Butcher
Kleine Gefallen
Die dunklen Fälle des Harry Dresden 10
(Small Favor, 2008)
Übersetzung: Dominik Heinrici
Blanvalet, 2023, Taschenbuch, 620 Seiten, 12,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Chicago, Illinois, im Winter. Es schneit, und nicht nur Harry Dresdens alter, ehemals hellblauer VW-Käfer hat so seine Probleme, auf den eisigen Straßen in der Spur zu bleiben, auch Harry selbst droht einmal mehr aus seiner Spur geworfen zu werden.

Dabei schien doch gerade einmal alles richtig gut für den neu bestellten Wächter des Weißen Rates zu laufen. Der Kampf der Weißen und des Roten Hofes der Vampire wurde beendet, die Wächter des Weißen Rates können ein wenig Luft holen, und seine Auszubildende macht Fortschritte.

 Doch dann greifen ihn und seine Freunde Feen an, Mab, die Herrin des Winterhofs der Sidhe, fordert einen alten Gefallen von ihm und die Sommerkönigin der Sidhe entsendet ihre Geißlein - ja, die, die in den Märchen den bösen Wölfen immer eine lange Nase drehen - und Hobbs, um ihn niederzumachen.

Als wäre das noch nicht genug Aufregung im Leben des Magiers, soll er auch noch den verschwundenen Anführer des organisierten Verbrechens aus der Gefangenschaft befreien.

Hinter all dem steckt - ein Schelm, wer Böses dabei denkt - einmal mehr Nicodemus, der Anführer der Denarier, der gefallenen Engel. Dass er sich wieder nach Chicago traut ist bedenklich, denn ihm geht es nur um eines: den Weltuntergang.

Dass das Archiv, der menschliche Wissensspeicher im Körper eines kleinen Mädchens sein Ziel ist, macht die Sache für Dresden zu einer persönlichen Angelegenheit, zumal auch andere Mächte ihn zu ihrem unfreiwilligen Streiter auserwählt haben…


Das Rezept, nach dem Jim Butcher seine Harry-Dresden-Romane strickt, ist eigentlich denkbar einfach. Zunächst scheint alles rund zu laufen um Harry, soweit dies überhaupt möglich ist, in Butter zu ein, dann taucht ein Problem - so im Sinne von existenzieller Gefahr für die Welt - auf und dann wird es rapide schlimmer. Wenn dann endlich alles, aber wirklich auch alles, den Bach runtergeht, dann legt Butcher noch eine Schippe drauf und dann geht der Punk ab.

Zwischenzeitlich sind seine Figuren ebenso eingeführt wie die übersinnliche Welt mit Sidhe, Engeln und Vampiren. Auch unseren Filou, den ewig trotteligen Loser mit dem Columbo-Charme, kennen wir aus dem Effeff. Dennoch gelingt es Butcher immer wieder von Neuem, seine Leser einzufangen und auf seine rasante Tour de Force mitzunehmen.

Gerade weil wir die Hintergründe verinnerlicht haben, weil wir die Welt des Harry Dresden zwischenzeitlich kennen wie unsere Hosentasche, hat der Autor den Platz, immer wieder darauf aufbauend neue Verwicklungen einzuführen. Das Geflecht wird dabei immer komplizierter, unübersichtlicher und für einen Neueinsteiger unter den Lesern kaum mehr nachvollziehbar. Insofern ist es nur folgerichtig und zu begrüßen, dass die ersten, lange vergriffenen Bände um Harry von Blanvalet neu aufgelegt werden.

Inhaltlich wartet, wie bereits erwähnt, ein Action-Knaller par excellence auf den Leser. Vor dem inneren Auge tauchen entsprechende Bilder aus Kinofilmen auf, wenn das städtische Aquarium Chicagos geflutet wird, riesige energetischen Käfige als Gefängnisse dienen oder Hubschrauber in nächtliche Feuergefechte verwickelt werden.

Zwar ist das aktuelle Abenteuer in sich abgeschlossen, es bleiben aber jede Menge offener Fäden, die nach einer Fortsetzung schreien. Das entfaltet dann einen gewissen Sog-Effekt, lässt den Leser nägelkauend auf das Erscheinen des Folgebandes zurück. Erstaunlich dabei, dass es Butcher bei all der rasanten Action immer noch gelingt, seine Gestalten glaubwürdig zu zeichnen, ihre Menschlichkeit aufzuzeigen und sie nicht als überlebensgroße Helden zu portraitieren.

Beste Unterhaltung für alle Fans und die, die es noch werden wolle also!