Richard Swan: Im Netz des Dämons (Buch)

Richard Swan
Im Netz des Dämons
Die Chroniken von Sova 2
(The Tyranny of Faith, 2023)
Übersetzung: Simon Weinert
Piper, 2023, Paperback, 574 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Helena hat ihre Jugend als elende Kanalratte auf den Straßen Muldas hinter sich gelassen. Junker Konrad Vonvalt, gefürchtetes Mitglied des unbestechlichen Ordens der Richter, nahm sie zunächst als Schreiberin, dann als Elevin, vielleicht also zukünftige Richterin zu sich.

Der Richterorden, der bislang alleine das Wissen um die Magie hütete, wurde verraten. Dieser Erkenntnis kann sich Junker Vonvalt nicht länger verschließen. Nach Sova, der Hauptstadt des Reiches, zurückgekehrt setzt der Kaiser, der Vonvalt vertraut wie niemandem sonst, diesen auf die Rebellen an. Er muss seine Richterkollegen anklagen und verhaften - selbst sein Mentor verschwindet im kaiserlichen Verlies, wo er auf die Folter und den Strick wartet.

Volvart weiß, dass die größte Gefahr für das Reich vom Kleriker Claver, der sich illegal magische Kräfte angeeignet hat und unheilige Bündnisse mit Wesen aus der Nachwelt eingegangen ist, ausgeht. Als der Enkel des Kaisers entführt wird aber ordnet der Herrscher der Suche nach dem Kind alles andere unter.

Dass Volvalt selbst verflucht ist, von einem Dämon aus der Nachwelt seiner Lebenskraft beraubt wird, interessiert da wenig - es gilt. den Thronerben zu suchen und zu befreien.

Während Sova von einem Bürgerkrieg zerrissen zu werden droht, dem Richterorden die Auslöschung bevorsteht, die Legionen fernab der Gefahren stehen und die Allianz, die der Kleriker zur Machtübernahme geschmiedet hat in ihren Plänen immer weiter vorankommt, sieht sich unser Quartett um Vonvalt überall nur Mauern und Sackgassen gegenüber. Ihre Chancen, auch nur mit heiler Haut und Seele aus dem Konflikt hervorzugehen, schwinden zusehends.


Der erste Teil der projektierten Trilogie gehörte für mich zu den besten Büchern, die Piper in letzter Zeit vorgelegt hat. Der Text las sich, obwohl der Fokus sich von den Konflikten oft abwendete - oder vielleicht gerade deswegen - ebenso faszinierend wie spannend. Swan konzentrierte sich auf seine dezidiert ausgearbeitete Bühne und die wenigen, dafür wunderbar tiefschürfend gezeichneten Figuren. Nicht umsonst nannte ich den Roman eine „süchtig machende Lektüre“.

Naturgemäß nimmt sich der Verfasser nun im Mittelband der Trilogie Zeit, weitere Figuren einzuführen, die beiden Gehilfen - Bressinger und Radomir - weiter zu beschreiben, dabei auch Alkoholismus, Traumata und Depressionen in seine Handlung mit einfließen zu lassen. Der Fokus verschiebt sich dabei weiter vom Richter hin zu seiner Schülerin. Diese wird, auch angesichts der tödlichen Erkrankung Vonvalts, immer mehr zur entscheidenden Kraft in der Auseinandersetzung mit dem Kleriker. Dass sie dabei überfordert ist, dass sie oft verzweifelt macht sie als Figur glaubhafter und griffiger.

Im finalen Teil des Buches geht es dann ein wenig drunter und drüber. Beginnend mit der realitätsnahen Beschreibung einer Schlacht, warten jede Menge unvorhersehbarer Wendungen auf uns. Dass diese einige Male recht abrupt und auch in sich nicht ganz nachvollziehbar sind, stört deren Glaubwürdigkeit. Da werden von unserer noch recht unwissenden Erzählerin kurz einmal Tote wieder zum Leben erweckt, bereist sie die Nachwelt und begegnet Dämonen. Wir wissen ja, dass sie, als Verfasserin ihrer Memoiren, die Abenteuer überleben wird, doch ein wenig bleibt die innere Glaubwürdigkeit hier auf der Strecke.

Dies soll nicht heißen, dass der Roman nicht das Potential hat, spannend und kurzweilig zu unterhalten, allein, verglichen mit dem Auftaktband, kann dieser das dortige Niveau leider nicht ganz erreichen.

Im englischsprachigen Original ist der abschließende Band für das Frühjahr 2024 angekündigt. Hoffen wir, dass Piper uns den Band zeitnah in der weiterhin sehr guten Übertragung Simon Weinerts präsentieren wird und dieser dann die begonnene Erzählung zu einem würdigen, stimmigen Abschluss bringt.