Michaela Rödl: Du darfst hochsensibel sein (Buch)

Michaela Rödl
Du darfst hochsensibel sein
Praxisbuch zur Hochsensibilität
Oneiros, 2023, Paperback, 262 Seiten, 17,90 EUR

 

Rezension von Christel Scheja

Sensibilität, vor allem wenn sie stark ausgeprägt ist; hat in unserer heutigen Gesellschaft keinen besonderen Stellenwert. Denn nur wer laut und selbstbewusst durch das Leben stampft, kommt weiter. Wer sich dann als „Sensibelchen“ erweist, wird als schwach empfunden und oft genug auch verlacht und an den Rand geschoben. Und doch gibt es viele Menschen, die anders sind, die alles viel intensiver wahrnehmen und  in sich aufnehmen. An diese richtet sich Michaela Rödl mit „Du darfst hochsensibel sein“. 

 

Wie oft bekommt man zu hören, dass „man sich ein dickeres Fell“ anschaffen soll, dass man sich „nicht alles so zu Herzen“ nehmen soll und wird entsprechend verspottet. Aber viele Menschen können nicht anders, weil allein schon ihr Gehirn anders strukturiert ist. Doch wie findet man das heraus? Michaela Rödel erklärt zunächst, was es mit dem Begriff auf sich hat, was dahintersteckt und wie man für sich selbst herausfinden kann, ob man zu dieser Gruppe gehört, ehe sie dann sich den einzelnen Bereichen zuwendet, in denen Hochsensibilität zu schaffen machen könnte - sei es im Alltag oder in besonderen Situationen. Sie gibt zudem Anleitungen, wie man sich selbst helfen kann, um sich wieder zu beruhigen und vor allem, wie man lernen kann, seine besondere Gabe eben nicht nur als „Schwäche“ und „Krankheit“ anzusehen sondern auch als ganz besondere Stärke.


Als jemand der zu dieser Gruppe gehört, kann meine Rezension ausnahmsweise nur einmal sehr subjektiv ausfallen. Tatsächlich habe ich den im Buch angesprochenen Test mitgemacht und als sehr detailliert und glaubwürdig empfunden, er hat mir geholfen, erste Schritte zu gehen.

Michaela Röhl gelingt nun, einerseits auf eigene Erfahrungen bauend, dann wieder auf die Erzählungen ihrer Patienten zurückgreifend, aufzudröseln, wie sich Hochsensitivität auf das Leben eines Menschen auswirken kann. Mit Übungen und Fragen hilft sie dabei, dem Leser zu reflektieren, was ihm deutlich zu schaffen macht und warum, ehe sie dann kleine Tipps und Meditationen gibt.

Sie macht immer wieder deutlich, dass man sich als Hochsensibler über sein Verhalten nicht schämen muss. Denn wer über Jahre immer wieder belächelt oder heruntergeputzt wird, der verliert irgendwann den Glauben an sich selbst, an die feinfühlige Wahrnehmung und das Bauchgefühl.

Es ist keine Schande, wenn man viel intensiver spürt, sondern eine Gabe, und sich das immer wieder klar zu machen ist ein wichtiger Schritt um dann auch die ganzen daraus resultierenden Probleme anzugehen.

Als direkte Angehörige der Kriegsenkel-Generation und Kind der frühen Generation X finde ich mich auch in dem Buch wieder, obwohl man bei manchen Textstellen merkt, dass die Autorin sich mehr an jüngere Leser wendet.

Aber das tut den Aussagen keinen Abbruch. Es ist auf jeden Fall voller Anregungen und Tipps, kleinen Hilfen und wichtigen Aussagen, die man immer wieder lesen kann. Die Texte sind lebens- und praxisnah geschrieben, erklären Vieles auch in alltäglichen Worten, die Hinweise und auch Fragen sind kurz und prägnant.

Das Arbeitsbuch richtet sich dabei vor allem an diejenigen, die erst damit anfangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sei es nun als Betroffener oder als Angehöriger, der besser verstehen will.

„Du darfst hochsensibel sein“ ist ein empfehlenswerter Ratgeber für alle Menschen, die vor den entsprechenden Fragen stehen und erste Hilfe suchen, sei es nun als jemand, der davon betroffen ist, oder aus dem Umfeld einer solchen Person. Die Erklärungen sind mutmachend, die Tipps einfühlsam und ein erster Schritt, sich selbst näher zu kommen und zu verstehen und sich nicht länger von dem Niedermachen zu lassen, was von außen auf einen einprasselt. Auch mir hat es viele neue Anregungen mit auf den Weg gegeben.