Alyson Noël: Stealing Infinity (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 24. April 2023 10:03
Alyson Noël
Stealing Infinity
(Stealing Infinity, 2022)
Übersetzung: Michaelle Landau
dtv, 2023, Hardcover, 572 Seiten, 22,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Vor Jahren verschwand der Vater von Natasha spurlos; bis dahin verlief ihr Leben in geordneten Bahnen: Sie war eine Einser-Schülerin, Klassensprecherin und hatte ihren festen Platz am Tisch derjenigen in der Mensa, die zu den angesagen, den hippen Jugendlichen gehören. Tristesse und schlicht wirtschaftliche Not zogen Zuhause ins Heim ein, ihre nun alleinerziehende Mutter schafft es kaum, sie finanziell über Wasser zu halten; Natasha jobbt nachmittags, um zu helfen, ihren gemeinsamen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Nichts mehr ist es mit Glamour und Style, mit dem unbeschwerten Leben. Statt zu büffeln, ist Malochen angesagt und nur zu schnell rutscht sie in der Highschool ab.
Nur ein alter Kumpel und - merkwürdigerweise - die allseits beliebte, mit Geld um sich schmeißende Elodie Blue halten zu ihr. Elodie überredet sie, statt zu lernen doch lieber in einen elitären Club mitzukommen. Natasha schwänzt die Schule und wacht am nächsten Tag ohne Erinnerung daran auf, was sie gemacht hat. Ihr wird ein Verbrechen zur Last gelegt, an das sie sich nicht erinnern kann. Ein wirklich gut aussehender junger Mann hinterlegt die Kaution und macht ihr ein Angebot, das sie kaum ablehnen kann: Sie soll in ein mehr als elitäres Internat gehen - alle Kosten würden ebenso übernommen, wie die Lebenshaltungskosten für ihre Mom.
Merke, wenn etwas sich zu gut anhört um wahr sein, dann gibt es da einen Pferdefuß - immer! Elodie wurde auf sie angesetzt, und der umwerfende Typ ist für die Rekrutierung und Betreuung der neuen Eleven zuständig; der Kleiderschrank quillt über mit Designer-Fummel. Was der Tech-Milliardär dafür von ihr will, das erschließt sich ihr erst später. Ihr Vater hatte eine Gabe: Er reiste durch die Zeit, und diese Gabe, die er an seine Tochter weitergegeben hat, will der Unternehmer für sich nutzen.
Fangen wir mit dem Äußeren an. dtv hat sich selbst übertroffen: Ein Rundumfarbschnitt sowie ein wunderbar neugierig machendes Titelbild mit einem Uhrwerk und einem Schwert wecken das Interesse am Buch.
Alyson Noël startet mit diesem Roman eine neue kleine Reihe. Die Ingredienzien, die sie uns anbietet, sind auf den ersten Blick Erfolg versprechend: eine junge, modebewusste Frau, der das Schicksal gar übel mitgespielt hat; ein geheimes Internat; Zeitreisen; undurchsichtige Strippenzieher und neidische Mitstudierende. Fehlen darf natürlich auch das Kribbeln im Bauch nicht, zumal der junge Mann umwerfend aussieht und ach so schöne Augen sei Eigen nennt.
Die Geschichte selbst ist, nach einem eher behutsamen Beginn, dann durchaus spannend und kurzweilig aufgezogen. Es geht um jede Menge Geheimnisse und Rätsel, aber auch um moralische Fragen. Allerdings wirkt der Roman seltsam unfertig. Ein sorgfältiges Lektorat im englischsprachigen Original hätte hier ordnend eingreifen können. Das wirkt schlicht unglaubwürdig, wenn eine Mutter, bei allen monetären Sorgen, ihre Zustimmung gibt, dass ihre Tochter ein unbekanntes, abgelegenes Internat besucht, ohne auch nur mit Natasha zu reden? Immer wieder verlaufen Handlungsstränge im Sand, Natasha selbst pendelt von nachvollziehbar Unsicher zu Überheblich und Unnahbar. Hier sollte, nein muss die Verfasserin im nächsten Teil noch gewaltig nachlegen, ihre Figur in sich runder, überzeugender ausgestalten.
Insoweit ein Auftakt, der sich nett aber nicht überwältigend liest und Potential andeutet, aber noch zumindest nicht komplett überzeugen kann.