Izzy Kramer: Der Schwur - Nephilim 1 (Buch)

Izzy Kramer
Der Schwur
Nephilim 1
Wortschatten, 2022, Paperback, 278 Seiten, 15,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Izzy Kramer verrät nicht viel über sich, sondern lässt lieber gleich den Auftakt ihrer Geschichte sprechen, denn „Der Schwur“ ist nur der erste Teil eines viel längeren Epos' um die Riesen, die aus der Verbindung von Menschenfrauen und Engeln entstanden.


Im Dezember 1903 wird ein Baby vor der Westminster Cathedral ausgesetzt. Die Nonne, die es in das nächstgelegene Waisenhaus bringt, wird zu seiner Beschützerin in den nächsten Jahren, denn der Junge, der nie einen wirklichen Namen erhält, ist anders. Goliath oder Leviathan hat nicht nur weiße Haare und Augen, er wächst auch zu einem wahren Riesen mit dem entsprechenden Appetit heran.

Über die Jahrzehnte hinweg lässt er sich ziellos treiben, nachdem die Nonne ermordet wurde und schlägt sich irgendwie durch, bis er 2020 einer jungen Frau zusieht, die ihn durch ihren Tanz in den Bann schlägt und letztendlich der Schlüssel zu einer ganz neuen Welt wird.


Ebenso wie Vampire oder Werwölfe spielten auch die Nephilim in den Dark-Fantasy-Geschichten der letzten beiden Jahrzehnten eine wichtige Rolle. Mal wurde der düstere mythische Aspekt hervorgehoben, mal eher die romantische Seite betont. Aber kaum ein Autor berücksichtigte auch die mythischen Hintergründe und ihre düsteren Folgen. Das ist bei Izzy Kramer anders, denn sie macht keinen Hehl daraus, dass die Nephilim anders sind und nicht unbedingt so nett, wie sie scheinen, selbst wenn sie versuchen, Gutes zu tun und die Welt zu retten.

Schon der Held ist nicht unbedingt nur ein Opfer der Umstände und Gesellschaft, obwohl seine Moral von seinem Umfeld geprägt wurde. Als Außenseiter hat er gelernt zu überleben und dabei keine Skrupel zu haben, anderen zu misstrauen und alles zu hinterfragen. Lange ist er von der Suche nach dem Mörder der einzigen Lichtgestalt in seinem Leben geprägt, bis er einer jungen Frau begegnet, die ihn sehr stark an die Nonne erinnert, die ihm das Leben rettete; doch dann wird er aus der Bahn geworfen. Und diese Wendung erlaubt ihm, in eine ganz neue Welt einzutauchen, die tief unter der Erde existiert.

Geschickt spielt die Autorin mit den mythischen Wurzeln der Nephilim und enthüllt ihre beiden Seiten, macht deutlich, dass auch in der perfekten Umgebung, die sie sich geschaffen haben, nicht alles perfekt ist. Der Leser darf diese Welt durch die Augen des Helden kennenlernen Zugleich stellt sie die Weichen für einen viel größeren Konflikt, der sich vermutlich auch noch durch die ganze Trilogie ziehen wird. Doch bis es so weit ist, darf man die interessante Welt unter der Erde genießen, die geschickt mit klassischen Mythen verbunden ist und wie ihre Bewohner und nicht zuletzt der Held facettenreich daher kommt.

„Der Schwur“, der Auftakt der Saga „Nephilim“, weiß zu gefallen, denn auch wenn romantische Momente mitschwingen dürfen, so liegt der Schwerpunkt der Geschichte doch mehr auf dem Abenteuer, den Mythen und nicht zuletzt auch der Reise des Helden durch eine ihm fremde Welt, die ihm nach und nach aber auch die Augen öffnet, dem Leser zugleich aber auch einen frischen Blick auf die Nephilim erlaubt.