Maddrax 604: Als die Erde unterging, Michael M. Thurner (Buch)

Maddrax 604
Als die Erde unterging
Michael M. Thurner
Titelbild: Arndt Drechsler-Zakrewski
Bastei, 2023, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Im Jahr 2552, also 540 Jahre nach dem Einschlag des Kometen Christopher-Floyd auf die Erde, liegt mitten im dichtesten Anden-Dschungel das Wrack eines Flugzeugträgers der US-Marine. Wie kommt das da hin, fragten sich die Leserinnen und Leser von „Maddrax“, und Michael M. Thurner liefert nun die Antwort.

„Als die Erde unterging“ ist einer jener Romane der Serie, die fast ausschließlich zur Zeit des Einschlages spielt und keinerlei Vorwissen um den sonstigen Serien-Kosmos voraussetzt. Die Schilderung apokalyptischer Szenarien funktioniert in Leinwand und Roman in der Regel zuverlässig, denn wie sich Menschen, Familien, Gruppen, Staatsgebilde angesichts einer existenziellen Bedrohung verhalten, wie sie ihre Solidarität stärken oder die dünne Haut der Zivilisation reißt, es zu Egoismus und Faustrecht kommt, ist immer ein faszinierendes Gedankenspiel und reflektiert auch unser alltägliches Verhalten wie in einem Hohlspiegel. Das Problem an der Sache: Solcherlei Geschichten sind schon häufig erzählt worden und müssen sich an großen Vorbildern messen lassen. Im Fall von „Maddrax“ wäre das das zum Beispiel das erste Hardcover „Apokalypse“ oder der Zweiteiler „Die Erben der Menschheit“, die Maßstäbe gesetzt haben.

 

Als klar wird, dass sich der Absturz des Kometen auf die Erde nicht wird verhindern lassen, bricht vielerorts die blanke Gewalt aus. Captain Mongue hat als Marine den Auftrag, 6000 Menschen, Zivilisten und Militärs, durch den Panamakanal in Sicherheit zu bringen. Bei den Zivilisten handelt es sich um Lotteriegewinner, doch ist bekannt, dass in zahlreichen Fällen eher Korruption als Fortuna die begehrten Plätze an Bord der USS NIMITZ sichern konnte.

Der junge Journalist Patrick Kompio soll die Ereignisse für die Nachwelt dokumentieren. So kommt er sowohl in der Containerstadt, die an Deck des Schiffes montiert wurde, als auch in den Katakomben des Schiffes, in Berührung mit einer jungen Familie, einem Drogendealer, dem superreichen Erben Boze, der sich als Pate aufspielt, dessen Schläger Juan und weiteren Menschen, die ihre Hoffnung nicht aufgeben wollen.


Als es zu Sabotage und offenen Meutereien kommt, ist rasch klar, dass Boze dahintersteckt. Um die Ordnung aufrechtzuerhalten, ist das Militär nicht zimperlich. Die Seefahrt wird für alle zum Alptraum, den der Autor fast ausschließlich aus der Perspektive Kampios erzählt, was für solide Spannung sorgt. Doch wirklich spektakulär wird es, als der Komet die Erde, fern des Handlungsortes trifft. Hier gelingt es Thurner, die Ruhe vor dem Sturm über viele Seiten hinweg beim Lesen körperlich spürbar zu machen, die Atmosphäre ist bleiern und unheilvoll, wirklich lesenswert. Auf der anderen Seite der Waagschale ließe sich jedoch bemängeln, dass die Figuren allesamt recht klischeehaft geraten sind. Das ist letztlich auch der Grund, warum das (unvermeidliche?) menschliche Rührstück gegen Ende - ein Kind wird gerettet - leider knapp neben’s Herz trifft. Wie realistisch hingegen das Finale ist, ist eine Frage, über die man lange streiten kann. Bombastisch ist es allemal.

Diese fünfte Episode des aktuellen Handlungszyklus’ schließt die Exposition etwas schwächer als die Vorgängerromane, aber auf solidem Niveau ab. Alle wesentlichen Fragen zum Setting sind grob beantwortet, wenn sich die Scheinwerfer mit dem nächsten Heft wieder auf den Protagonisten richten dürfen.