Steven Erikson: Die Gärten des Mondes - Das Spiel der Götter 1 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 28. Februar 2023 10:13
Steven Erikson
Die Gärten des Mondes
Das Spiel der Götter 1
(Gardens of the Moon, 1999)
Übersetzung: Tim Straetmann
Blanvalet, 2012, Taschenbuch, 798 Seiten, 12,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Willkommen im Reich Malazan - ein Reich, das seit Jahrhunderten die Welt erobert, sich immer weiter ausbreitet und die Kriegsführung perfektioniert hat.
Einst vom Imperator Kellamved mit magischen Fähigkeiten geführt, hat dessen Frau nach der Ermordung des Imperators die Macht an sich gerissen. Die Imperatix herrscht mit harter, gnadenloser Hand durch und mit Hilfe der Klauen - einer höchst geheimen Spionage- und Attentäterlegion - über die eroberten Gebiete. Die wenigen verbliebenen Gefährten ihres Gatten, insbesondere die Elite-Einheit der Brückenverbrenner, fallen oft sinnlosen Aufträgen zum Opfer und werden so bewusst peu a peu dauerhaft ausgeschaltet.
Mittlerweile gibt es nur mehr zwei unabhängige Städte auf dem von Malazan eroberten Kontinent Genabackis.
Unter der Leitung Dujek Einarms, der Hohefaust der malazanischen Armee, wird Fahl angegriffen. Über der Stadt schwebt seit Beginn der Belagerung Mondbrut, ein gigantischer Berg. Die magische Schlacht um die Stadt dezimiert, ganz wie von der Imperatix geplant, die malazanischen Truppen und deren Hohemagier.
Danach gilt es, die letzte freie Stadt des Kontinents, Darujistan, zu erobern. Die Brückenverbrenner werden ausgesandt, die Invasion vorzubereiten. Es gilt, Sabotage-Akte zu planen und Verbindung mit der Assassinengilde der Stadt aufzunehmen, um den wohldotierten Auftrag zu erteilen, die Adeligen der Stadt zu meucheln.
Dies ist die Geschichte dieser Eroberung - erzählt aus der Sicht einer recht großen Anzahl von involvierten Mächten. Darunter sind die letzten Angehörigen der Rasse, die vor den Menschen die Welt bevölkert hat, Krieger und Attentäter, Diebe, Drachen und Magier und nicht zuletzt Götter, die sich zum ersten Mal seit Äonen wieder in die Geschicke der Welt einmischen - sehr zum Leidwesen der betroffenen Menschen…
Die im Original zehnbändige Saga um „Das Spiel der Götter“, das uns Blanvalet in insgesamt 19 deutschen Bücher kredenzt, hat Kult-Status erreicht. Leser überall auf der Welt preisen den Zyklus als einzigartig, als fesselnd und tiefgründig wie kaum ein anderes Werk der modernen Fantasy.
Irgendwie habe ich in den letzten Jahrzehnten - der hier vorliegende erste Teil der Reihe datiert aus dem Jahr 1999, die Übersetzung erschien bereits 2000 erstmals - einen Bogen um die Schöpfung des Kanadiers gemacht. Nun nehme ich auf Anraten vieler Lesefreunde einen Anlauf, das umfangreiche Werk zu goutieren.
Erikson macht es seinem Leser dabei nicht einfach. Die schiere Anzahl der handlungsrelevanten Figuren erschlägt einen fast, laufend wird nicht nur die Erzählperspektive, sondern auch der Handlungsort gewechselt, wenig wird erklärt, Vieles gezeigt – „Show, don’t tell“ wird hier mustergültig umgesetzt. Das heißt, dass sich der Plot dem Leser nicht unbedingt einfach erschließt. Es gibt keinen Sympathieträger, dem man in die Handlung folgen könnte, Vieles bleibt zunächst bruchstückhaft, ja verwirrend - nur, mit der Lektüre aufhören wollte ich auch nicht.
Die sich langsam, dann deutlicher abzeichnenden Intrigen innerhalb des Imperiums, die Geschichte der Welt mit ihren untergegangenen vier Altrassen, faszinieren. Immer wieder fixt Erikson mich mit in einem Nebensatz eingeworfenen Informationsschnipseln an, kann man rätseln, wie dies sich wieder ins Bild einpasst, was für Erkenntnisse und Folgen sich daraus ergeben.
So bildet sich nach und nach das Bild eines Riesenreiches, das von der eigenen Größe gelähmt, von Intrigen der Mächtigen bedrängt und von den Göttern geschmäht am Rande des Untergangs steht. In diesem Bild hat Erikson seine Figuren - allesamt vielschichtig, nie einfach oder eindeutig - positioniert, lässt diese leiden, sterben, wieder auferstehen und ja - auch verzweifeln. Das fasziniert, das fordert und liest sich in der vorzüglichen Übersetzung packend - kein Wunder, dass der Zyklus so gepriesen wird.